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Taha Duymaz ist tot

Das Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar 2023 hat schreckliche Folgen für viele Familien in einer großen Region. Es gibt deutlich Berufenere, um darüber zu schreiben und die Inplikationen einzuordnen, sowohl geologisch als auch soziologisch. Während ich dies schreibe, nähert sich die Zahl der Toten der 50.000 und die Verletzte soll es mehr als 125.000 gegeben haben. Die Zahlen werden sicherlich in den nächsten Wochen noch nach oben korrigiert.

Das Leid der Vielen ist für Menschen andernorts schwer greifbar. Auch ich habe die Bilder in den Nachrichten gesehen und die Menschen bedauert. Doch gestern Abend haben mich der Schrecken und die Trauer richtig erreicht, als ich erfahren habe, dass Taha Duymaz unter den Opfern dieses Erdbebens ist.

Ich habe den jungen Mann durch einen Bericht im Weltspiegel kennengelernt. Er war ein Junge aus einfachen bis ärmlichen Verhältnissen in der Provinz Hatay im südlichsten Zipfel der Türkei. Was ihn auszeichnete und auch ins deutsche Fernsehen brachte, war, dass er zunächst einfache Rezepte in ungekünstelter dörflicher Umgebung zubereitete und die Videos auf Instagram und YouTube hochlud.

Er hatte den Charme, wenn ich das über einen kürzlich Verstorbenen sagen darf, eines hässlichen Entleins. Eine Verletzung hatte sein rechtes Auge entstellt, seine Nase war huckelig und schief, seine Ohren standen ab, er war dünn und leicht buckelig und seine Arme und Beine etwas zu lang und ungelenk. Aber er zeigte einen tiefen und aufrichtigen Ernst beim Zubereiten seiner Speisen und er zog dieses kleine Projekt konsequent durch, bis in der Türkei und international Menschen und Unternehmen auf ihn aufmerksam wurden.

Das brachte ihm und seiner Familie einen gewissen Wohlstand, der von manchen argwöhnisch beobachtet und hämisch kommentiert wurde. Er ließ seine Nase richten, die Ohren anlegen und begann ein Fitnesstraining. Seine Frisur wurde aufwendiger und seine Kleidung feiner. Kurz: das hässliche Entlein war drauf und dran, das Versprechen dieses Märchens einzulösen und ein schöner Schwan zu werden.

Am 6. Februar 2023 wurden Taha Duymaz und seine Schwester Melek verschüttet. Am zwölften Tag der Katastrophe wurden ihre Leichname geborgen. Taha Duymaz wurde 19 Jahre alt.

Links
https://www.dw.com/de/
https://www.instagram.com/tahaduymazz/
https://www.youtube.com/@tahaduymaz