Schlagwort-Archive: Kirchenjahr

Zweiter Weihnachtstag

Die Anbetung der Weisen oder Könige ist das zweite große Thema der Weihnachtsbilder. Der italienische Künstler Giovanni Baronzio hat dieses Bild irgendwann zwischen 1326 und 1340 gemalt. Sein Geburtsdatum ist unbekannt, gestorben ist er 1362. Er ghört zur zweiten Generation der Schule von Rimini. Im Hintergrund des Bildes sieht man auch die Verkündigung der Engel gegenüber den Hirten.

Giovanni Baronzio, Die Anbetung der Weisen, 1326–1350 (Ausschnitt)

Link
https://courtauld.ac.uk/gallery/

Heiliger Abend

Heute ist Heiliger Abend. Heute Abend beginnt die Weihnachtszeit. Heute Abend werden in vielen Familien die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum im Mittelpunkt stehen. Das soll auch so sein. Doch das erste Geschenk der Weihnacht ist die Menschwerdung Gottes. Den Hirten wurde es auf den Weiden Bethlehems als erstes bekannt gegeben durch den Verkündigungsengel. Danach sangen die Himmlischen Heerscharen:

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

Lukas 2, 14
Guido Renzi, Die Anbetung der Hirten (Ausschnitt), 1640

Guido Reni (1575–1642), den man auch den göttlichen Guido nannte, hat diese Szene im Stil der Bologneser Schule abgebildet. Im oberen Ausschnitt sieht man die Himmlischen Heerscharen, im unteren die Krippe und die tatsächliche Anbetung der Hirten.

Guido Renzi, Die Anbetung der Hirten (Ausschnitt), 1640

In diesem Jahr zeige ich Bilder, die ich bei meinem Englandaufenthalt im September 2022 gesehen habe. Es werden also englische Weihnachten in diesem Jahr. Ich wünsche all meinen Freunden und Verwandten und auch den gelegentlichen Blog-Besuchern ein gesegnetes Weihnachtsfest und ihre ganz persönlichen Engelsbegegnungen.

Link
https://www.nationalgallery.org.uk/

Vierter Advent

Komm zu uns, wir warten dein!
Himmelskönig, komm hernieder!
Schon entbrennt der Lichter Schein,
Und schon rüsten sich die Lieder.
Und die arme, dunkle Welt
Sehnt sich weinend dir entgegen –
Unser Herz, du Himmelsheld,
Wartet schon an deinen Wegen.

Gastlich wird jedwedes Haus,
Die Erkorenen zu empfangen,
In die Lande weit hinaus
Schlägt ein sehnendes Verlangen.
Du, der innerlichste Schuld
Leicht macht gleich den Flocken Schnees –
O du Bringer aller Huld,
Du Bezwinger allen Wehes!

Du, den wir so heiß erfleht,
Komm, die Zeit will sich erfüllen,
Daß des Lebens König geht
Niedrig in den niedern Hüllen –
Komm, wir warten! Tausend sind
Die zu dir die Augen heben.
Wolltest, lichtes Himmelskind,
Ihrer Sehnsucht Heilung geben!

Komm, die Welt ist leidenswund,
Hat an Not so viel zu tragen.
Komm herbei, daß uns dein Mund
Wieder wolle Wahrheit sagen!
Freude, Licht und Liebesmacht
Sollen leuchtend wieder werden –
O du heilige Freudennacht,
Friede, Friede sei auf Erden!

Gustav Schüler

Dritter Advent

Der König kommt! – Wie Zauber
Muss liegen in dem Wort;
Denn das vernimmt ein Tauber,
Ein Stummer pflanzt es fort. –
Hast du denn nichts vernommen
Vom heutigen Advent
Und jenes Königs Kommen,
Der sich dein Heiland nennt?

Er fuhr auf lichter Wolke
Und kommt im heil’gen Geist
Zu allem Erdenvolke
Und seinem Volk zumeist;
Er kommt als unsersgleichen,
Der Majestät entleert,
Er kommt aus hohen Reichen,
Mit ew’gem Gut beschwert.

Wüsst’ ich, ein Erdenkönig
Hätt’ mir sein Herz geschenkt,
Es grämte mich nur wenig,
Was sonsten mich gekränkt;
Wie würd’ mein Herze wallen
In Fürstengnade groß,
Wie wäre mir gefallen
Aufs liebliche das Los!

So wurd’ ich aus dem Scherben
In meines Schöpfers Hand
Zum Königsfreund und Erben
Erkieset und erkannt;
Mag alles sich erbosen,
Von Wut und Hass erhitzt,
Ich hab’ zum Freund den Großen,
Der auf dem Throne sitzt.

Um alles darf ich kommen
Und beugen meine Knie,
Und was zu meinem Frommen,
Verweigert er mir nie;
Bei ihm trotz Fehl’ und Falles
Bleib’ ich in Gnaden stehn,
Durch ihn vermag ich alles,
Sei’s Tiefen oder Höh’n.

Nur eins kann ich mit nichten:
Dem König, hehr und hold,
Ein solches Ruhmlied dichten,
Wie ich es möcht’ und wollt’;
Dafür mein Auge Zähren
Und Dankbarkeiten streut
Dem Königeder Ehren
Bei seinem Einzug heut.

Johannes Dose

Zweiter Advent

Ins frühe Dunkel sinken nun die Tage,
die toten Städte fallen in die Nacht,
und Kinder siehst du an den Trümmern kauern,
und kranke Tiere an geborstnen Mauern,
und niemand noch hat ihnen Brot gebracht.

Und doch siehst manchmal du ein Licht erstrahlen,
ganz weit, wie aus zersprungnem Kirchentor,
und ferne Orgeln hörst wie Sturm du dröhnen,
und Gläubige, die aus der Tiefe stöhnen,
und dann erstirbt’s wie ein verschollner Chor.

Und manchmal siehst du auf verschneiten Feldern
der Engel Silberfüße vor dir gehn,
und siehst ein Licht vor ihren weißen Flügeln,
und siehst es löschen hinter dunklen Hügeln,
und ist doch immer, immer noch zu sehn.

Dann stehst du still, im Herzen tief erschrocken,
wie du als Kind erschrakst beim Sakrament,
und aus dem Dunkel deiner Erdenzeiten
fühlst kindlich du dich deine Hände breiten
nach Licht und Stern und heiligem Advent.

Ernst Wiechert

Erster Advent

Dein König kommt in niedern Hüllen,
Ihn trägt der lastbar’n Es’lin Füllen,
Empfang ihn froh, Jerusalem!
Trag ihm entgegen Friedenspalmen,
Bestreu‘ den Pfad mit grünen Halmen!
So ist’s dem Herren angenehm.

O mächt’ger Herrscher ohne Heere,
Gewalt’ger Kämpfer ohne Speere,
O Friedensfürst von großer Macht!
Es wollen dir der Erde Herren
Den Weg zu deinem Throne sperren,
Doch du gewinnst ihn ohne Schlacht.

Dein Reich ist nicht von dieser Erden,
Doch aller Erde Reiche werden
Dem, was du gründest, unterthan.
Bewaffnet mit des Glaubens Worten,
Zieht deine Schar nach den vier Orten
Der Welt hinaus und macht dir Bahn.

Und wo du kommest hergezogen,
Da ebnen sich des Meeres Wogen,
Es schweigt der Sturm, von dir bedroht.
Du kömmst, auf den empörten Triften
Des Lebens neuen Bund zu stiften
Und schlägst in Fessel Sünd‘ und Tod.

O Herr von großer Huld und Treue,
O komme du auch jetzt aufs neue
Zu uns, die wir sind schwer verstört.
Not ist es, daß du selbst hienieden
Kommst, zu erneuen deinen Frieden,
Dagegen sich die Welt empört.

O laß dein Licht auf Erden siegen,
Die Macht der Finsternis erliegen,
Und lösch‘ der Zwietracht Glimmen aus;
Daß wir, die Völker und die Thronen,
Vereint als Brüder wieder wohnen
In deines großen Vaters Haus!

Friedrich Rückert

Pfingsten – Der Geburtstag der Kirche

Von den drei wichtigsten Festen im Christentum ist das Pfingstfest wohl das am wenigsten prominente. Weihnachten und Ostern haben ihren festen Platz im Kalender der Familienfeiern. Zu Pfingsten kann man alles mögliche unternehmen. Die ursprüngliche Bedeutung dieses Tages stört da wenig.

Das ist schade; denn das Pfingstfest ist der Augenblick, zu dem wir endgültig in dei Pflicht genommen werden. Es ist das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes. Die Apostel, die nun 40 Tage mit dem Auferstandenen gelebt haben, sich dann von ihm zur Himmelfahrt endgültig verabschieden mussten, werden heute – 10 Tage später – durch den Heiligen Geist befähigt, in vielen Sprachen zu sprechen. Es ist als eine Aufhebung der Sprachverwirrung von Babel zu verstehen.

Dargestelt wird dieser Augenblick der Ausgießung oft mit Flammen über den Häuptern der Apostel, wie in diesem Relief aus dem Erfurter Dom zu sehen ist.

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Wer nunvom Heiligen Geist beseelt ist, steht in der Nachfolge Christi. Deshalb nennt man das Pfingstfest auch den Geburtstag der Kirche. Die erste Gemeinde bildet sich gleich nach der ersten Predigt Petri:

Als sie aber das hörten, ging’s ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den andern Aposteln: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun? Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes. Denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.

Apostelgeschichte 2, 37–39

Das zweite Bild stammt aus Konstantinopel im 11. Jahrhundert und ist in den Staatlichen Museen zu Berlin zu sehen. Hier werden nicht nur die Apostel, sondern auch gleich der byzantinische Kaiser Basileus zum Gefäß des Heiligen Geistes.

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Ostermontag

Wenn ein christliches Fest besonders wichtig ist, hat es zwei Feiertage hintereinander: Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Also heute der Ostermontag, der uns die Bedeutung der Auferstehung unterstreicht.

Aber die Auferstehung ist auch der Punkt am Christentum, der für die meisten Menschen am schwersten zu fassen ist. Durch Thomas, den zweifelnden Jünger, werden aber auch wir modernen Menschen abgeholt. Er wollte erst an die Auferstehung glauben, wenn er seine Finger in die Wundmale Jesu halten dürfe.

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Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Johannes 20, 24–29

Die Figurengruppe findet sich im Nationalmuseum in Breslau. Dort habe ich sie 2016 fotografiert. Die Figuren sind überlebensgroß.

Gründonnerstag

Die Corona-Pandemie verschwindet aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit. Für Geimpfte mag sie auch tatsächlich an Schrecken verloren haben. Das Leiden der Menschen in der Ukraine tritt in den Fordergrund. So oder so bin ich überzeugt, dass Jesus mit den Menschen leidet. Darum geht es besonders in der Passionszeit, die mit dem heutigen Tag und den folgenden zwei Tagen ihren Schluss- und Höhepunkt erlebt.

Der Name Gründonnerstag weist auch in diese Richtung. Er ist nicht nach der Farbe der Hoffnung benannt, sondern nach dem Verb greinen, was ein anderes Wort für weinen ist. Es ist der Tag des letzten Abendmahls und der Gefangennahme Jesu.

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Meine Auswahl fiel heute auf das Altarbild der Kulturkirche St. Blasii in Quedlinburg. Ich war dort im September 2016 mit meiner englischen Tante und meinen Eltern. Mir gefiel das Bild, weil es neben Brot und Wein auch ein Lämmchen auf dem Tisch zeigt. So haben die Jünger vielleicht doch die Chance, auch körperlich satt zu werden. Außerdem weist dieses Hauptgericht auf ein anderes wichtiges sprachliches Bild. Jesus ist das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt und zur Schlachtbank geführt wird.

Bei jedem Abendmahl im Gottesdienst erinnern wir an die Einsetzungsworte Jesu, in denen er Brot und Wein als sein Leib und Blut vorstellt. Paulus zitiert für die Gemeinde in Korinth Jesu Worte beim Abendmahl, indem er schreibt (1. Korinther 11, 25):

Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blut; solches tut, so oft ihr’s trinket, zu meinem Gedächtnis.

Seitdem wird in Europa in der Nähe einer Kirche oder eines Klosters Wein angebaut, um die Grundlage des Blutes Christi zum Abendmahl zur Verfügung zu haben. In jedem Zechgelade schwingen das erste Wunder Jesu – die Verwandlung von Wasser zu Wein bei der Hochzeit zu Kana – und das letzte Abendmahl mit.

Deswegen noch eine Darstellung eines trinkenden Knaben von Adolf von Hildebrand (1847–1921) aus der Gründerzeit. Er ist in der Nationalgalerie in Berlin zu finden, wo ich 2018 das letzte Mal war.

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Link
https://www.quedlinburg-info.de/
https://www.smb.museum/