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Heilige Nacht

Heilige Nacht – Fröhlich soll mein Herze springen

Fröhlich soll mein Herze springen
Dieser Zeit, da vor Freud‘
Alle Engel singen.
Hört, hört, wie mit vollen Chören
Alle Luft Laute ruft:
Christus ist geboren!

Heute geht aus seiner Kammer
Gottes Held, der die Welt
Reisst aus allem Jammer.
Gott wird Mensch dir, Mensch, zugute.
Gottes Kind, das verbind’t
Sich mit unserm Blute.

Sollt‘ uns Gott nun können hassen,
Der uns gibt, was er liebt
über alle Maßen?
Gott gibt, unserm Leid zu wehren,
Seinen Sohn Aus dem Thron
Seiner Macht und Ehren.

Sollte von uns sein gekehret,
Der sein Reich und zugleich
Sich uns selbst verehret?
Sollt‘ uns Gottes Sohn nicht lieben,
Der jetzt kömmt, von uns nimmt,
Was uns will betrüben?

Hätte vor der Menschen Orden
Unser Heil Einen Greu’l,
Wär‘ er nicht Mensch worden.
Hätt‘ er Lust zu unserm Schaden,
Ei, so würd‘ unsre Bürd‘
Er nicht auf sich laden.

Er nimmt auf sich, was auf Erden
Wir getan, gibt sich an,
Unser Lamm zu werden,
Unser Lamm, das für uns stirbet
Und bei Gott Fuer den Tod
Gnad‘ und Fried‘ erwirbet.

Nun, er liegt in seiner Krippen,
Ruft zu sich mich und dich,
Spricht mit süßen Lippen:
Lasset fahr’n, o liebe Brüder,
Was euch quält, was euch fehlt,
Ich bring‘ alles wieder.

Ei, so kommt und lasst uns laufen!
Stellt euch ein, Groß und klein,
Eilt mit großem Haufen!
Liebt den, der vor Liebe brennet;
Schaut den Stern, der uns gern
Licht und Labsal gönnet.

Die ihr schwebt in großen Leiden,
Sehet, hier ist die Tür
Zu den wahren Freuden.
Fasst ihn wohl, er wird euch führen
An den Ort, da hinfort
Euch kein Kreuz wird rühren.

Wer sich fühlt beschwert im Herzen,
Wer empfind’t seine Sünd‘
Und Gewissensschmerzen,
Sei getrost, hier wird gefunden,
Der in Eil‘ machet heil
Die vergift’ten Wunden.

Die ihr arm seid und elende,
Kommt herbei, füllet frei
Eures Glaubens Hände!
Hier sind alle guten Gaben
Und das Gold, da ihr sollt
Euer Herz mit laben.

Süßes Heil, lass dich umfangen,
Lass mich dir, Meine Zier,
Unverrückt anhangen!
Du bist meines Lebens Leben;
Nun kann ich mich durch dich
Wohl zufrieden geben.

Meine Schuld kann mich nicht drücken,
Denn du hast meine Last
All‘ auf deinem Rücken.
Kein Fleck ist an mir zu finden,
Ich bin gar rein und klar
Aller meiner Sünden.

Ich bin rein um deinetwillen;
Du gibst g’nug Ehr‘ und Schmuck,
Mich darein zu hüllen.
Ich will dich ins Herze schließen;
O mein Ruhm, edle Blum‘,
Lass dich recht genießen!

Ich will dich mit Fleiß bewahren,
Ich will dir Leben hier,
Dir will ich abfahren;
Voller Freud‘ ohne Zeit
Dort im andern Leben.

Paul Gerhardt (1607–1676)

Vorabend des 4. Advent

4. Advent – O komm, o komm, du Morgenstern

O komm, o komm, du Morgenstern,
lass uns dich schauen, unsern Herrn.
Vertreib das Dunkel unsrer Nacht
durch deines klaren Lichtes Pracht.
Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.
Freut euch und singt Halleluja.

O komm, du Sohn aus Davids Stamm,
du Friedensbringer, Osterlamm.
Von Schuld und Knechtschaft mach uns frei
und von des Bösen Tyrannei.
Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.
Freut euch und singt Halleluja.

O komm, o Herr, bleib bis ans End,
bis dass uns nichts mehr von dir trennt,
bis dich, wie es dein Wort verheißt,
der Freien Lied ohn Ende preist.
Freut euch, freut euch, der Herr ist nah.
Freut euch und singt Halleluja.

John Mason Neale (1818–1866)
Deutsch von Otmar Schulz (*1938)

Vorabend des 3. Advent

3. Advent – Die Nacht ist vorgedrungen

Die Nacht ist vorgedrungen,
der Tag ist nicht mehr fern.
So sei nun Lob gesungen
dem hellen Morgenstern.
Auch wer zur Nacht geweinet,
der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinet
auch deine Angst und Pein.

Dem alle Engel dienen,
wird nun ein Kind und Knecht.
Gott selber ist erschienen
zur Sühne für sein Recht.
Wer schuldig ist auf Erden,
verhüll nicht mehr sein Haupt.
Er soll errettet werden,
wenn er dem Kinde glaubt.

Die Nacht ist schon im Schwinden,
macht euch zum Stalle auf!
Ihr sollt das Heil dort finden,
das aller Zeiten Lauf
von Anfang an verkündet,
seit eure Schuld geschah.
Nun hat sich euch verbündet,
den Gott selbst ausersah.

Noch manche Nacht wird fallen
auf Menschenleid und -schuld.
Doch wandert nun mit allen
der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von seinem Lichte,
hält euch kein Dunkel mehr.
Von Gottes Angesichte
kam euch die Rettung her.

Gott will im Dunkel wohnen
und hat es doch erhellt.
Als wollte er belohnen,
so richtet er die Welt.
Der sich den Erdkreis baute,
der läßt den Sünder nicht.
Wer hier dem Sohn vertraute,
kommt dort aus dem Gericht.

Jochen Klepper (1903–1942)

Vorabend des 2. Advent

2. Advent – O Heiland, reiß die Himmel auf

O Heiland, reiß die Himmel auf,
herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

O Gott, ein’ Tau vom Himmel gieß,
im Tau herab, o Heiland, fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus
den König über Jakobs Haus.

O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd,
dass Berg und Tal grün alles werd.
O Erd, herfür dies Blümlein bring,
o Heiland, aus der Erden spring.

Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,
darauf sie all ihr Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal,
komm, tröst uns hier im Jammertal.

O klare Sonn, du schöner Stern,
dich wollten wir anschauen gern;
o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein
in Finsternis wir alle sein.

Hier leiden wir die größte Not,
vor Augen steht der ewig Tod.
Ach komm, führ uns mit starker Hand
vom Elend zu dem Vaterland.

Friedrich Spee (1591–1635)

Vorabend des 1. Advent

1. Advent – Wie soll ich dich empfangen?

Wie soll ich dich empfangen
und wie begegn ich dir,
o aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier?
O Jesu, Jesu, setze
mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.

Dein Zion streut dir Palmen
und grüne Zweige hin,
und ich will dir in Psalmen
ermuntern meinen Sinn.
Mein Herze soll dir grünen
in stetem Lob und Preis
und deinem Namen dienen,
so gut es kann und weiß.

Was hast du unterlassen
zu meinem Trost und Freud,
als Leib und Seele saßen
in ihrem größten Leid?
Als mir das Reich genommen,
da Fried und Freude lacht,
da bist du, mein Heil, kommen
und hast mich froh gemacht.

Ich lag in schweren Banden,
du kommst und machst mich los;
ich stand in Spott und Schanden,
du kommst und machst mich groß
und hebst mich hoch zu Ehren
und schenkst mir großes Gut,
das sich nicht lässt verzehren,
wie irdisch Reichtum tut.

Nichts, nichts hat dich getrieben
zu mir vom Himmelszelt
als das geliebte Lieben,
damit du alle Welt
in ihren tausend Plagen
und großen Jammerlast,
die kein Mund kann aussagen,
so fest umfangen hast.

Das schreib dir in dein Herze,
du hochbetrübtes Heer,
bei denen Gram und Schmerze
sich häuft je mehr und mehr;
seid unverzagt, ihr habet
die Hilfe vor der Tür;
der eure Herzen labet
und tröstet, steht allhier.

Ihr dürft euch nicht bemühen
noch sorgen Tag und Nacht,
wie ihr ihn wollet ziehen
mit eures Armes Macht.
Er kommt, er kommt mit Willen,
ist voller Lieb und Lust,
all Angst und Not zu stillen,
die ihm an euch bewusst.

Auch dürft ihr nicht erschrecken
vor eurer Sünden Schuld;
nein, Jesus will sie decken
mit seiner Lieb und Huld.
Er kommt, er kommt den Sündern
zu Trost und wahrem Heil,
schafft, dass bei Gottes Kindern
verbleib ihr Erb und Teil.

Was fragt ihr nach dem Schreien
der Feind und ihrer Tück?
Der Herr wird sie zerstreuen
in einem Augenblick.
Er kommt, er kommt, ein König,
dem wahrlich alle Feind
auf Erden viel zu wenig
zum Widerstande seind.

Er kommt zum Weltgerichte:
zum Fluch dem, der ihm flucht,
mit Gnad und süßem Lichte
dem, der ihn liebt und sucht.
Ach komm, ach komm, o Sonne,
und hol uns allzumal
zum ewgen Licht und Wonne
in deinen Freudensaal.

Paul Gerhardt (1607–1676)

Zerstörtes Hildesheim und Geburtstage

Heute vor 75 Jahren wurde meine Geburtstadt Hildesheim durch US-amerikanische, kanadische und britische Einheiten bombardiert. 824 Menschen sind an diesem Tag ums Leben gekommen und zahlreiche Kulturgüter wurden zerstört. Hildesheim galt bis dahin mit seiner mittelalterlichen Innenstadt als Nürnberg des Nordens.

Direkt nach dem Krieg wurden die Kirchen wieder aufgebaut. Die Holzdecke der evangelisch-lutherischen Kirche St. Michael (siehe Beitragsbild) war vor dem Bombardement ausgelagert worden. Daher ist sie im Original erhalten. Auch der katholische Dom wurde wieder aufgebaut, an desen Rückseite der 1000-jährige Rosenstock, der in der Bombennacht verbrannt war, wieder erblühte. Ein erstes Rosenwunder hatte Kaiser Ludwig den Frommen zum Bau einer Kapelle bewogen, aus der letztendlich der Dom geworden war. Das Überleben des Rosenstocks gilt den Hildesheimern als das zweite Rosenwunder.

Seit 1985 gehören Dom und Michaeliskirche zum UNESCO Weltkulturerbe. Sie sind beide in vorromanischer Zeit vom Bischof Bernward in Auftrag gegeben worden, der ein Schüler des Mainzer Erzbischof Willigis war. Need I say more? Seit den 80ern wurden auch einige weltliche Bauten der Innenstadt rekonstruiert; allen voran das Knochenhaueramtshaus und der Umgestülpte Zuckerhut. Hildesheim ist heute eine schöne Mittelstadt mit rund 100.000 Einwohnern, aus der man ganz gerne stammen kann.

Die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Innenstädte werden nicht nur rechtsaußen kontrovers diskutiert. Ich denke, dass sie zum Ende des Zweiten Weltkriegs notwendig waren. Von deutscher Seite gab es einen unbedingten Kriegswillen, der genauso unbedingt gebrochen werden musste. Die Niederlage musste genauso total sein, wie der Krieg, den Goebbels im Sportpalast verkündet hatte, damit es später nicht zu einer weiteren Dolchstoßlegende kommen würde.


Nun ist Hildesheim aber meine Geburtsstadt und da wären Geburtstage doch ein viel passenderes Thema für einen Blog-Eintrag. Nach den Kirchen ist es wohl angebracht, eine Top-Five-Liste von theologischen Geburtstagskindern des 22. März zu erstellen (in zeitlicher Reihenfolge):

  • Paul Gerhardt (1607–1676) – Wer schon einmal ein evangelisches Gesangbuch in den Händen hielt, muss diesen Menschen nicht mehr vorgestellt bekommen. Seine Lieder atmen die lutherische Theologie, als hätte er die Reformation selbst angestoßen. Besonders kennt man wohl Geh aus mein Herz und suche Freud und mein Lieblingsweihnachtslied Ich steh an deiner Krippen hier. Um ein wenig Mut zu machen folgt auf die Top-Five-Liste das Lied Befiehl du deine Wege.
  • August Hermann Francke (1663–1727) – Wir bleiben in Mitteldeutschland, obwohl Francke in Lübeck geboren ist, und auch bei Kirchenlieddichtern. Aber vor allem kennt man hier die Franckeschen Stiftungen in Halle an der Saale. Die Gebäude zählen ebenfalls zum UNSECO Weltkulturerbe.
  • Christoph Ernst Luthardt (1823–1902) – Es ist nicht nur der Tag, es ist auch die Region. Luthardt war Theologieprofessor in Leipzig. Er war mitbegründer der Allgemeinen evangelisch-lutherischen Konferenz, der Vorläuferorganisation des Lutherischen Weltbundes. Außerdem schrieb er Über die Darstellung des Schmerzes in der bildenden Kunst.
  • Albrecht Goes (1908–2000) – Nun haben haben wir die Region verlassen. Goes ist nicht nur Theologe, sondern auch Schriftsteller gewesen. Häufig sah man ihn im Fernsehen das Wort zum Sonntag sprechen. Und er hielt am 30. August 1969 die Trauerrede bei der Beisetzung Erika Manns.
  • Aleida Assmann (*1947) – Sie ist keine Theologin, sondern Ägyptologin und Kutlurwissenschaftlerin, hat aber gemeinsam mit ihrem Mann, dem Religionswissenschaftler Jan Assmann zu vielen auch Judentum und Christentum betreffenede Themen gearbeitet. Dafür bekamen sie gemeinsam schon einige Preise, auch einige, die sonst an Theologen vergeben werden.

 

Befiehl du deine Wege
und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege
des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.

Dem Herren musst du trauen,
wenn dir’s soll wohlergehn;
auf sein Werk musst du schauen,
wenn dein Werk soll bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen
und mit selbsteigner Pein
lässt Gott sich gar nichts nehmen,
es muss erbeten sein.

Dein’ ewge Treu’ und Gnade,
o Vater, weiß und sieht,
was gut sei oder schade
dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen,
das treibst du, starker Held,
und bringst zum Stand und Wesen,
was deinem Rat gefällt.

Weg hast du allerwegen,
an Mitteln fehlt dir’s nicht;
dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht;
dein Werk kann niemand hindern,
dein Arbeit darf nicht ruhn,
wenn du, was deinen Kindern
ersprießlich ist, willst tun.

Und ob gleich alle Teufel
hier wollten widerstehn,
so wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurücke gehn;
was er sich vorgenommen
und was er haben will,
das muss doch endlich kommen
zu seinem Zweck und Ziel.

Hoff, o du arme Seele,
hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle,
da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken;
erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken
die Sonn der schönsten Freud.

Auf, auf, gib deinem Schmerze
und Sorgen gute Nacht,
lass fahren, was das Herze
betrübt und traurig macht;
bist du doch nicht Regente,
der alles führen soll,
Gott sitzt im Regimente
und führet alles wohl.

Ihn, ihn lass tun und walten,
er ist ein weiser Fürst
und wird sich so verhalten,
dass du dich wundern wirst,
wenn er, wie ihm gebühret,
mit wunderbarem Rat
das Werk hinausgeführet,
das dich bekümmert hat.

Er wird zwar eine Weile
mit seinem Trost verziehn
und tun an seinem Teile,
als hätt in seinem Sinn
er deiner sich begeben,
und sollt’st du für und für
in Angst und Nöten schweben,
als frag er nichts nach dir.

Wird’s aber sich befinden,
dass du ihm treu verbleibst,
so wird er dich entbinden,
da du’s am mindsten glaubst;
er wird dein Herze lösen
von der so schweren Last,
die du zu keinem Bösen
bisher getragen hast.

Wohl dir, du Kind der Treue,
du hast und trägst davon
mit Ruhm und Dankgeschreie
den Sieg und Ehrenkron;
Gott gibt dir selbst die Palmen
in deine rechte Hand,
und du singst Freudenpsalmen
dem, der dein Leid gewandt.

Mach End, o Herr, mach Ende
mit aller unsrer Not;
stärk unsre Füß und Hände
und lass bis in den Tod
uns allzeit deiner Pflege
und Treu empfohlen sein,
so gehen unsre Wege
gewiss zum Himmel ein.

Namenstag von Hendrik Vos und Johannes van Esschen

Gestern erst war der Gedenktag der Ersten Märtyrer von Rom. Heute ist der Gedenktag der ersten Märtyrer der Reformation. Allerdings ist dieses Datum nicht willkürlich gesetzt, sondern historischen Ursprungs. Denn am 1. Juli 1523 wurden die Augustinermönche Hendrik Vos und Johannes van Esschen in Brüssel auf dem Scheiterhaufen verbrannt, weil sie den Glaubensgrundsätzen der Reformation nicht abschwören wollten.

Martin Luther schrieb am gleichen Tag noch Ein neues Lied wir heben an, welches ich hier im originalen Frühneuhochdeutschen Luthers widergeben möchte:

Eyn newes lied wir heben an
des wald Gott vnser herre.
Zu syngen was got hat gethan
zu seynem lob vnd ehre.
Zu brussel yn dem nidderland
wol durch zwen yunge knaben
Hatt er seyn wunder macht bekant
die er mit seynen gaben.
So reichlich hat getzyret.

Der erst recht wol Johannes heyst
so reych an Gottes hulden.
Seynn bruder Henrich nach dem geyst
eyn rechter Christ on schulden.
Vonn dyßer welt gescheyden synd
sye hand die kron erworben.
Recht wie die frumen gottes kind
fur seyn wort synd gestorben.
seyn Mertrer synd sye worden.

Der alte feynd sye fangen ließ
erschreckt sye lang mit drewen.
Das wort Gotts er sye leucken hieß
mit list auch wolt sye tewben.
Von Löuen der Sophisten viel
mit yhrer kunst verloren.
Versamlet er zu dysem spiel
der geyst sye macht zu thoren.
Sie kundten nichts gewinnen

Sye sungen suß sye sungen sawr
versuchten manche lysten
die knaben stunden wie eyn mawr
verachten die Sophisten.
Den alten feynd das seer verdroß
das er war vberwunden.
Vonn solchen yungen er so groß
er wart vol zorn von stunden.
gedacht sye zuuerbrennen.

Sie raubten yhn das kloster kleyd
die weyh sye yhn auch namen.
Die knaben waren des bereit
sie sprachen frölich Amen.
Sie danckten yhrem vater Got
das sye loß solten werden
des teuffels laruen spiel vnd spot
daryn durch falsche berden.
die welt er gar betrenget.

Das schickt Got durch seyn gnadt also
das sye recht priester worden.
Sich selbs yhm musten opffern do
vnd gehen ym Christen orden.
Der welt gantz abgestorben seyn
die huchley ablegen.
Zu hymel komen frey vnd reyn
die muncherey außfegen.
Vnd menschen thandt hie lassen.

Man schreib yhn fur ein brieflein kleyn
das hies man sye selbst lesen.
Die stuck sye zeychten alle drein
was yhr glaub war gewesen
der hochst yrhtumb dyser war
Man mus allein got glauben
der mensch leugt vnd treugt ymer dar
dez soll man nichts vertrawen
des musten sye verbrennen

Zwey grosse fewr sye zundten an
die knaben sie her brachten.
Es nam groß wunder yderman
das sye solch peyn verachten.
Mit frewden sye sych gaben dreyn
mit Gottes lob vnnd syngen
der muet wart den Sophisten klein
fur dysen newen dyngen
da sych Gott ließ so mercken.

Noch lassen sy yr lugen nicht
den grossen mort zu schmucken.
Sie geben fur eyn falsch geticht
yhr gewissen thut sye drucken
die heylgen Gotts auch nach dem todt
von yhn gelestert werden.
Sie sagen yn der letzten not
die knaben noch auff erden
sych sollen han vmbkeret.

Die laß man liegen ymer hyn
sie habens kleinen fromen.
Wir sollen dancken Got daryn
seyn wort yst widderkommen
der Sommer yst hart fur der thur
der winter yst vergangen
die zarten blumen gehn erfur
der das hat angefangen.
der wirt es wol volenden.

Ich lese zur Zeit Der abenteuerliche Simplicissimus von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen und weiß nicht erst seitdem, dass Vos und van Esschen nicht die letzten Märtyrer der Reformation blieben. Und wenn ich die Nachrichten der heutigen Tage lese, wird mir angst und bange; denn das Morden hat noch lange nicht aufgehört. Es wird wohl erst mit dem letzten Menschen auch der Krieg ein Ende haben.

In den sozialen Netzwerken verfolge ich viele Diskussionen um Religionskriege. Häufig gibt es dann einen scheinbar aufgeklärten Konsens, dass die irrationalen Religionen zum Morden auffordern. Und ich denke, ihr Kleingläubigen, wenn es keine Religionen gäbe, fände der Mensch genug andere Gründe, sich gegenseitig zu ermorden. Lasst uns vielmehr nach den Chancen von Religiosität schauen. Bonhoeffer war schließlich auch ein religiöser Mensch – und außerdem friedfertig.

Namenstag des Albert Knapp

Der evangelische Pastor und Dichter Albert Knapp (1798–1864) erhielt seine Ausbildung im Seminar in Maulbronn, das vor und nach ihm so namhafte Personen wie Johannes Kepler, Friedrich Hölderlin und Hermann Hesse besuchten.  Ab 1816 studierte Knapp in Tübingen Theologie und trat einer Burschenschaft bei. Das war allerdings noch die Zeit, in der Burschenschaften allgemein für progressives und libertäres Gedankengut standen. Er beging feierlich das Gedenken an die Schlacht bei Waterloo, deren Tag sich heute beim Schreiben dieses Blogeintrags zum runden 200. Male jährt. Der 18. Juni sollte 1864 auch Knapps Todestag werden; doch das hatte dann mit Napoleon nichts mehr zu tun. Vorher folgter er noch als Pastor der Leonardsgemeinde in Stuttgart dem berühmten Gustav Schwab nach, den bibliophile Kinder und Jugendliche seiner Sagen des klassischen Altertums wegen immer noch verehren.

Albert Knapp gründete im Winter 1837 den ersten Tierschutzverein auf deutschem Boden. Knapp sah, mit Verweis auf den Schöpfungsbericht und den Römerbrief (Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Römer 8, 19), den Tierschutz als eine christliche Aufgabe. Nun bin ich nicht im Tierschutz aktiv, aber als praktizierender Vegetarier fühle ich mich dem Knapp nahe. Apropos Essen: Es gibt ein recht bekanntes Tischgebet von Albert Knapp, das aus dem Gründungsjahr stammt und heute im Evangelischen Gesangbuch unter der Nummer 462 zu finden ist. Man kann es also gut nach einer vegetarischen Mahlzeit sprechen:

Wir danken dir, Herr Jesus Christ,
dass du unser Gast gewesen bist.
Bleib du bei uns, so hat’s nicht Not,
du bist das wahre Lebensbrot.

Namenstag des Häuptlings Seattle

Chief Noah Seattle war Häuptling der Suquamish- und Duwamish-Indianer. Er wurde 1786 geboren und starb am 7. Juni 1866. Sein Name lautet in Lushootseed, seiner Muttersprache, Si’ahl. Die Bedeutung dieses Namens konnte ich bisher nicht herausbekommen. Von den weißen Händlern erhielt er den Spitznamen Le Gros oder The Big One, weil er mit seinen 1,85 Metern für die damalige Zeit ein Riese war. Chief Seattle setzte sich für die friedliche Koexistenz von Indianern und weißen Siedlern ein. Die Hauptstadt des Staates Washington trägt seit ihrer Gründung seinen Namen.

Bekannt ist Chief Seattle heute vor allem wegen einer Rede, die er 1854 vor dem Gouverneur des Washington-Territoriums Isaac Ingalls Stevens gehalten haben soll. Fraglich ist dabei nicht, ob er eine Rede hielt – das tat er mit Sicherheit. Allerdings gibt es kein Skript und kein Protokoll. Erst 33 Jahre später schrieb der Journalist und Zeitzeuge Henry A. Smith die Rede, welche in Lushootseed gehalten wurde, in englischer Sprache nach seinen eigenen Notizen auf.

The great, and I presume also good, white chief sends us word that he wants to buy our lands but is willing to allow us to reserve enough to live on comfortably. This indeed appears generous, for the red man no longer has rights that he need respect, and the offer may be wise, also, for we are no longer in need of a great country.

[…] The ashes of our ancestors are sacred and their final resting place is hallowed ground, while you wander away from the tombs of your fathers seemingly without regret. […]

We will ponder your proposition, and when we have decided we will tell you. But should we accept it, I here and now make this the first condition: That we will not be denied the privilege, without molestation, of visiting at will the graves of our ancestors and friends. Every part of this country is sacred to my people. Every hill-side, every valley, every plain and grove has been hallowed by some fond memory or some sad experience of my tribe.

Der texanische Professor Ted Perry schrieb 1972 die Rede für ein Filmskript um. Nun war es ein Brief an den Präsidenten Franklin Pierce, den Chief Seattle geschrieben haben soll. Dies allerdings ist reine Fiktion. Die Veränderungen in der Rede dienen zum einen der Anpassung an modernere Sprachgewohnheiten und zum anderen der Verlagerung des thematischen Schwerpunktes von Völkerverständigung und resignativer Unterwerfung zu globalem Umweltschutz. Chief Seattle wird dem heutigen US-Amerikaner und den anderen Bewohnern vor allem westlicher Staaten als Edler Wilder um die Ohren gehauen. Auch wenn der Text nicht historisch ist, kann eine Ausrichtung an solchen Maßstäben für uns wohl sinnvoll sein.

The great chief in Washington sends word that he wishes to buy our land. The great chief also sends us words of friendship and goodwill. This is kind of him, since we know that he has little need of our friendship in return. But we will consider your offer, for we know that if we do not do so, the white man may come with guns and take our land.

How can you buy or sell the sky—the warmth of the land? The idea is strange to us. Yet we do not own the freshness of the air or the sparkle of the water. How can you buy them from us? Every part of this earth is sacred to my people. Every shining pine needle, every sandy shore, every mist in the dark woods, every clearing and humming insect is holy in the memory and experience of my people.

Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Stefan Vesper schrieb 1978 mit 22 Jahren einen Kanon zu dem berühmten Satz Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig. In vielen Regionalteilen des Evangelischen Gesangbuchs findet sich der Kanon. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika gedenkt am 7. Juni des berühmten Häuptlings.

 

Links
duwamishtribe.org – Informationen über Chief Seattle auf der Website des Duwamish-Stammes
en.wikisource.org – Wiedergabe der ersten Aufzeichnung der berühmten Rede (auf Englisch)
studiesincomparativereligion.com – Wiedergabe der unhistorischen Briefversion (auf Englisch)

Namenstag des Johann Gramann

Johann Gramann, genannt Johannes Poliander (Gräzisierung von Grau und Mann), wurde 1487 in Mittelfranken geboren. Er studierte ab 1503 in Leipzig und ab 1519 in Wittenberg beim nur vier Jahre älteren Dr. Martin Luther und beim zehn Jahre jüngeren Philipp Melanchthon. Bereits seit 1516 war Gramann Lehrer und später auch Rektor der Thomasschule zu Leipzig. Die berühmte Leipziger Disputation im Sommer 1519 wurde von Gramann protokolliert. Weitere Stationen waren für ihn Würzburg und Nürnberg, bis er auf Empfehlung Luthers Pastor in Königsberg wurde. Er beriet den Herzog Albrecht bei der Neuorganisation des nun protestantischen Schulwesens. Daraus ging 1544 die dritte protestantische Universität hervor, an der sich 196 Jahre später der damals 16-jährige Immanuel Kant einschrieb. Die Gründung der Universität erlebte Gramann nicht mehr. Er starb am 28. April 1541 in Königsberg.

Im Evangelischen Gesangbuch ist unter der Nummer 289 ein Lied von Gramann zu finden, das er mit Bezug auf den Psalm 103 wohl 1530 geschrieben hat: Nun lob, mein Seel, den Herren.

Nun lob, mein Seel, den Herren, was in mir ist, den Namen sein!
Sein Wohltat tut er mehren, vergiss es nicht, o Herze mein!
Hat dir dein Sünd vergeben und heilt dein Schwachheit groß,
Errett dein armes Leben, nimmt dich in seinen Schoß,
Mit rechtem Trost beschüttet, verjüngt dem Adler gleich.
Der Herr schafft Recht, behütet, die leidn in seinem Reich.

Er hat uns wissen lassen sein herrlich Recht und sein Gericht,
Dazu sein Güt ohn Maßen, es mangelt an Erbarmung nicht.
Sein‘ Zorn lässt er wohl fahren, straft nicht nach unsrer Schuld,
Die Gnad tut er nicht sparen, den Schwachen ist er hold.
Sein Güt ist hoch erhaben ob den‘, die fürchten ihn.
So fern der Ost vom Abend, ist unsre Sünd dahin.

Wie sich ein Mann erbarmet ob seiner jungen Kindlein klein,
So tut der Herr uns Armen, wenn wir ihn kindlich fürchten rein.
Er kennt das arm Gemächte und weiß, wir sind nur Staub,
Ein bald verwelkt Geschlechte, ein Blum und fallend Laub:
Der Wind nur drüber wehet, so ist es nimmer da,
Also der Mensch vergehet, sein End, das ist ihm nah.

Die Gottesgnad alleine steht fest und bleibt in Ewigkeit
Bei seiner lieben G’meine, die steht in seiner Furcht bereit,
Die seinen Bund behalten. Er herrscht im Himmelreich.
Ihr starken Engel, waltet seins Lobs und dient zugleich
Dem großen Herrn zu Ehren und treibt sein heiligs Wort!
Mein Seel soll auch vermehren sein Lob an allem Ort.