Sozialer Wohnungsbau in Leipzig

Der Soziale Wohnungsbau hat in Leipzig eine lange Tradition. Heute bin ich mit einem befreundeten Studenten der Politikwissenschaften durch Leipzig gefahren. Wir haben uns verschiedene Projekte angeschaut, die man unter dem Schlagwort Sozialer Wohnungsbau subsumieren kann. [Das Völkerschlachtdenkmal gehört natürlich nicht dazu!]

  1. Die Meyer’schen Häuser
    Der Verleger Herrmann Julius Meyer (man denke an Meyers Konversations-Lexikon) gründete 1888 den Verein zur Erbauung billiger Wohnungen in Leipzig. Vier große Bauprojekte sind von diesem Verein bzw. der nachfolgenden Stiftung realisiert worden. Auf den Bildern unten kann man die Meyer’schen Häuser in Kleinzschocher sehen. Dort ist auch eine Straße nach Herrmann Meyer benannt worden. Auch wenn genau dieses Projekt das jüngste ist, und erst 1937 abgeschlossen wurde, atmet das Ensemble noch ganz den Geist der Gründerzeit.
  2. Der Rundling
    1929/30 entstand in kommunaler Trägerschaft dieses Ensemble aus drei konzentrischen Kreisen von Wohnblöcken. Man sieht den Gebäuden an, dass ihr Erbauer Hubert Ritter ein Arbeitskollege Walter Gropius‘ war. Die 624 Wohnungen sind nach elf verschiedenen Grundrissen zugeschnitten, so dass in keiner Wohnung das Wohnzimmer Nordseite hat. Die Straßennamen geben dem Bau noch weiteren Charme. In der Mitte ist der Siegfriedplatz, durchkreuzt von der Kriemhildstraße. Umrahmt wird er vom Nibelungenring.
  3. Die Krochsiedlung
    Der jüdische Bankier Hans Kroch ließ diese Siedlung im Norden von Gohlis errichten. Auch sie steht dem Bauhaus deutlich nah. Die Leipziger dankten dem Bankier seinen Einsatz nicht. Im Nationalsozialismus wurde sein Vermögen eingezogen. Er selbst konnte fliehen und starb 1970 in Jerusalem.
  4. Straße des 18. Oktober
    Die Straße ist benannt nach dem entscheidenden Tag der Völkerschlacht 1813. Sie bildet eine direkte Blickachse vom Neuen Rathaus über den Deutschen Platz (mit Nationalbibliothek) zum Völkerschlachtdenkmal. Oder sie würde diese Blickachse bilden, wäre nicht 1981 auf dem alten Messegelände das Gebäude 7.11 errichtet worden. Acht Hochhäuser des Modells PH16 aus dem Wohnungsbaukombinat Erfurt stehen hier noch und sind damit das größte noch bestehende Ensemble an 16-geschossigen Plattenbauten. Die Lage zwischen Innenstadt und Messe und die Blickachse zeigen den Stellenwert des Sozialen Wohnungsbaus in der DDR.
  5. Grünau
    Fast eine eigene Stadt, die ab 1976 hochgezogen zur Wende über 80.000 Einwohner zählte. Mittlerweile durch Rückbau stark verkleinert, wohnen hier noch ungefähr 40.000 Menschen. Zu den Top-Five zähle ich Grünau allerdings nur, weil ich es mir immer schlimmer vorgestellt habe. Viele warnten mich 1992 vor dem Stadtteil. Als ich dann endlich einmal hinfuhr, dachte ich mir, so grau sehen Trabantenstädte auch im Westen aus…

 

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