Heute Morgen erreichte mich die Nachricht, dass gestern Leonard Cohen im Alter von 82 Jahren gestorben ist. In diesem Alter aus der Welt zu scheiden, ist kein schwerer Schicksalsschlag. Und ihn weiß ich mehr als alle anderen am Thron des Herrn stehend und singend. Aber ohne Cohen wird es in dieser Welt gleich noch bisschen kälter und einsamer.
Seine Lieder werden bleiben. Und was für Lieder! Ich könnte Top-Five-Listen für jedes einzelne Album erstellen und hätte das Gefühl, wichtige Lieder unterschlagen zu haben.
Statt eine solche Liste aufzustellen, möchte ich ein Prosagedicht aus dem 1984 erschienenen Book of Mercy zitieren, zu dem ich auch eine ganz persönliche Beziehung habe. Kerstin hieß meine beste Freundin in meinem Abiturjahrgang. Nach der Schule saßen wir manches Mal im Karstadt-Restaurant und unterhielten uns bei Bechern von Kaffee über Gott und die Welt, Literatur und Musik. Durch sie habe ich z.B. Billy Bragg kennengelernt. Bei einem dieser Treffen geschah es, dass wir uns gleichzeitig eine Neuentdeckung vorlesen wollten. Ich erhielt der Vortritt und las das folgende Prosagedicht von Cohen. Kerstin lächelte. Sie hatte dasselbe Gedicht ausgesucht.
I heard my soul singing behind a leaf, plucked the leaf, but then I heard it singing behind a veil. I tore the veil, but then I heard it singing behind a wall. I broke the wall, and I heard my soul singing against me. I built up the wall, mended the curtain, but I could not put back the leaf. I held it in my hand and I heard my soul singing mightily against me. This is what it’s like to study without a friend.
Vielen Dank, Leonard Cohen!