Todrick Hall – Straight Outta Oz

Die Zahl von Castingshows in dieser Welt ist Legion. Die Qualität der Beiträge sowie die Nachhaltigkeit der versprochenen Karrieren bleibt dagegen übersichtlich. Der Semifinalist der neunten Season von Amrican Idol stellt für mich – gemeinsamen mit seinem Dunstkreis – eine positive Ausnahme dar: Todrick Hall.

Der 31-jährige Afroamerikaner, der sich selbst als queer bezeichnet, ist heute wohl vor allem als YouTuber bekannt. Das meint in diesem Fall aber voll aus-produzierte Videos, die den Vergleich mit den Großen nicht zu scheuen brauchen. Am 23. Juni 2016 hat Todrick Hall auf YouTube ein visual album veröffentlicht unter dem Titel Straight Outta Oz.

Der Titel spielt auf die zwei Themen seines Lebens an. Straight Outta Compton war der Titel eines 1988 von den Niggaz Wit Attitudes veröffentlichten Albums. Zu dern N.W.A. gehörte so große Namen wie Ice Cube, Eazy-E und Dr. Dre. Sie gehören zu den wichtigsten Vertretern des Gangster Rap, dem einige Gewaltverherrlichung vorwerfen. Andere sehen darin nur eine drastische Darstellung der Situation der Farbigen in den immer noch weiß dominierten USA. 2015 wurde unter dem gleichen Titel die Geschichte der N.W.A. verfilmt. Und die Schüsse von und auf Polizisten im Zusammenhang mit rassistischen Ressentiments der letzten Tage zeigt uns erneut die Aktualität.

Das andere Thema ist der Wizzard of Oz, das Märchenmusical, das in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts die amerikanischen Wunden der Great Depression heilen konnte. Internationale Bekanntheits-Rekorde  bricht Judy Garland mit Somewhere over the Rainbow, gleich neben Elvis Presley, Coca Cola und Muhammad Ali. Heute gilt – nicht zuletzt durch Elton Johns Yellow Brick Road – der Wizzard of Oz als eine schwule Utopie. Dass diese noch lange nicht erreicht ist, trotz vieler Erfolge der Ehe für alle, zeigt die jüngste Bluttat in Orlando.

Schwarze Schwule haben es doppelt schwer. James Baldwin hat daraus Romane werden lassen. Todrick Hall glitzert im Stile Hollywoods und doch mit ausreichend Tiefgang. Bevor ich jetzt noch akademisch werde, schaut es euch einfach mal an. Es ist ja kostenlos auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht:

https://www.youtube.com/watch?v=O1YEYOTUxcg

Ebenfalls sehenswert sind die drei Disney-Dudes-Videos von 2014 mit der gecasteten Boyband IM5. Auch da könnte man über die ironische Brechung der Rollenklischees aus den Disney-Filmen sinnieren, wenn die Jungs von IM5 die Prinzen und die Prinzessinnen gleichzeitig spielen. Man kann es aber auch einfach nur lustig finden. So oder so fällt auf, welch breite Bildung Todrick Hall im Bereich Showtunes, Musical und Hollywood-Produktionen hat. Bei Straight Outta Oz musste ich immer mal wieder an den Ideenreichtum von Moulin Rouge! von 2001 denken. Aber damit lobe ich ihn vielleicht doch ein wenig zu hoch.

Musikergeburtstage

Es ist fast ein ganzer Monat verstrichen, seit ich etwas gepostet habe. Aber dazwischen war ich nicht untätig: viel Unterricht sowie eine Reise nach Baltrum für Lesung und eine Schreibwerkstatt. Außerdem arbeite ich gerade an so etwas wie einem Roman. Ups! Über solche Dinge soll man ja nicht reden, wenn sie noch nicht fertig sind … Na ja, jetzt ist es eben mal passiert.

Am heutigen Tage ist in der Geschichte schon wieder so viel passiert, dass es mir schwerfällt, ein oder zwei Ereignisse heraus zu picken. Der spätere Kaiser Heinrich II wurde am 9. Juli 1002 in Mainz zum König der Ostfranken gekrönt. Salbung und Krönung nahm dabei der Erzbischof Willigis vor. Das könnte man in einem Blog-Eintrag weiter ausführen. Gestorben ist Heinrich II. am 13. Juli 1024; dieser Tag ist auch sein Gedenktag seit seiner Heiligsprechung. Bestattet ist er mit seiner Frau Kunigunde im Dom zu Bamberg. Diese Stadt liebte der in Hildesheim geborene Ottone über alle Maßen. Er macht sie auch zum Sitz des von ihm begründeten Bistums. Aber über ihn und das Heilige Römische Reich deutscher Nation möchte ich heute gar nicht schreiben. Dafür ist der Tag zu sonnig und leicht.

Gerade komme ich von einem langen Spaziergang aus dem Rosental zurück. Mir ist eher musikalisch zumute. Deshalb ignoriere ich die Geburtstage von Schwergewichten wie Donald Rumsfeld und Wim Duisenberg, nenne keine Todestage und erwähne auch nur kurz, dass heute vor 463 Jahren die Schlacht bei Sievershausen zwischen Moritz von Sachsen und Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach geschlagen wurde. Moritz gewann, erlag aber kurze Zeit später seinen Verwundungen.In der Folge der Schlacht kam es zum Augsburger Religionsfrieden.

Allgemein gilt die Schlacht bei Sievershausen als die blutigste auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen. Möge das auf ewig so bleiben! Ich bin wenige einstellige Kilometer vom historischen Schlachtfeld aufgewachsen. 1979 begründete der Pastor Klaus Rauterberg das Antikriegshaus Sievershausen, das mir und meinem Schulfreund Hubertus Heil ein wichtiges Ausflugsziel wurde.

Mehr Leichtigkeit verspricht da schon die Erinnerung an das Finale der Fußball Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, das heute vor genau 10 Jahren stattfand – ohne deutsche Beteiligung, so wie morgen das EM-Finale in Frankreich. Frankreich war allerdings damals auch schon mit dabei, um schließlich im Elfmeterschießen den Italienern zu unterliegen, welche im diesjährigen Wettkampf von der deutschen Mannschaft heim geschickt wurden. Alle drei Länder haben ausreichend große Fußballtraditionen, um auch mal eine Niederlage einstecken zu können.

Die Überschrift verspricht Geburtstage von Musikern. Das mache ich ja gern in einer Top-Five-Liste. Heute wird es aber eine Top-Ten-Liste, weil es einfach zu viele sind. Und da habe ich schon Geburtstagskinder wie den Schlager-Hampelmann Ross Antony, die Kurt-Cobain-Witwe Courtney Love sowie den Hannah-Montana-Sidekick Mitchell Musso weggelassen. Also, die zehn für mich wichtigsten musikalischen Geburtstagskinder des 9. Juli in zeitlicher Reihenfolge:

  1. Lee Hazlewood (1929–2007) – An seiner Seite wurde die junge Nancy Sinatra zum Star. Aus seiner Feder stammen die großen Hits: These boots are made for walking und Summer Wine.
  2. Mercedes Sosa (1935–2009) – Der politischer Protestsong im Gewand südamerikanischer Folklore. Über Joan Baez bin ich zu Mercedes Sosa gekommen. Der größte Hit ist wohl: Gracias a la vida.
  3. Mighty Sparrow (*1935) – Ich muss gestehen, dass ich diesen Mann nicht kenne. Wenn er aber der Calypso King of the World genannt wird, kann ich ihn wohl kaum unterschlagen.
  4. Bon Scott (1946–1980) – Während manche streiten, ob Axel Rose nun wirklich zu AC/DC passt, war für andere Brian Johnson bereits der Sündenfall. Scott soll an seinem Erbrochenen erstickt sein und somit zum ersten Mal den Sängerwechsel nötig gemacht haben.
  5. Mitch Mitchell (1947–2008) – Der ehemalige englischer Kinderdarsteller war außerdem Schlagzeuger, der sich als Autodidakt vor allem dem Jazz näherte. Und plötzlich war er der Drummer der Jimi Hendrix Experience.
  6. Marc Almond (*1957) – Seine Band Soft Cell ist legendär. Tainted Love, ihr größter Hit, wird heute noch in Diskotheken gespielt. Aus seinem Schaffen als Solokünstler habe ich Anfang der 90er A Woman’s Story mit meiner Punkband gecovert. Ich glaube, ich muss den mal wieder rauskramen.
  7. James Kerr (*1959) – Zwischendurch mit Chrissie Hynde von den Pretenders verheiratet und mit musikalischen wie außermusikalischen Soloprojekten beschäftigt (z.B: ein Hotel in Taormina), ist er vor allem seit 30 Jahren Sänger und Komponist der schottischen Band Simple Minds. Den wohl größten Hit der Band Don’t You (Forget About Me) zum Film The Breakfast Club schrieb er allerdings nicht.
  8. Vicki Vomit (*1963) – Das Enfant terrible des deutschen Punkrock stammt aus Erfurt. Er ist sich für nichts zu schade und zu fast allem bereit. Songs wie Durchfall im Weltall oder Kleine Meerjungfrau sind einfach herrlich. Vielleicht ist meine Begründung für die Aufnahme Vicki Vomits in diese List etwas schwach; aber darauf scheißen wir beide.
  9. Eric Melvin (*1966) – Er ist der Gitarrist der (Skate-/Ska-/Street-)Punk(-Rock)-Band NoFX. Der Name ist eine Verbeugung vor der StraightEdge geprägten Punkbandlegende Negative FX. Es weist auf die Ursprünglichkeit des musikalischen Prozesses: No Effects.
  10. Jack White (*1975) – Der jüngste in meiner Liste ist wohl heute bei Menschen unter 30 der bekannteste Name. Seine Band The White Stripes hat mit dem Megahit Seven Nation Army nicht nur Musik- sondern auch Fußballgeschichte geschrieben. Oder kann sich noch irgendjemand eine Spiel (z.B. morgen) vorstellen, ohne das notorische Oh-ah-ah-ah-Oh-Oh?

Geburtstag von Paul Dano und Tod von Anton Yelchin

Heute ist der Schauspieler Anton Yelchin bei einem Autounfall ums Leben gekommen.  Ich habe ihn zum ersten Mal gesehen in Alpha Dog (2006), dann noch einmal in der Titelrolle des Charlie Bartlett (2007). 2009 spielt er in einer Episode von New York, I Love You mit. Dann kamen die kommerziell erfolgreichen Jahre. In den neuen Star-Trek-Filmen spielte er Pavel Chekov. Nun wurde Anton Yelchin von seinem eigenen zurück rollenden Auto überfahren. Er wurde 27 Jahre alt.

Paul Dano hat dieses kritische Lebensjahr bereits hinter sich gelassen. Der Charakterdarsteller wird heute 32 Jahre alt. Zu seinem Geburtstag möchte ich eine schnelle Top-Five-Liste meiner Lieblingsfilme mit Dano präsentieren (in zeitlicher Reihenfolge):

  1. L.I.E. – Long Island Expressway (2001)
  2. Little Miss Sunshine (2006)
  3. There Will Be Blood (2007)
  4. The Good Heart (2009)
  5. Love & Mercy (2014)
  6. und weil es heute sein Geburtstag ist: Youth (2015)

Todestag von Adolph Frank

Heute ist der 100. Todestag des deutschen Chemikers Adolph Frank. Er ist ein Paradebeispiel dafür, dass die Chemie unser aller Leben prägt, auch wenn wir das meist nicht so mitkriegen.

Geboren wurde Frank 1834 in Klötze, was heute in Sachsen-Anhalt liegt. Er brach eine kaufmännische Ausbildung ab wendete sich dann erst dem universitären Studium in Berlin zu, wurde erst Apotheker, um dann seine weitere Zeit an der Universität Göttingen durch Nachtdienste in Apotheken zu finanzieren.

Nachdem er sich in seiner Dissertation mit der Zuckergewinnung aus der Zuckerrübe beschäftigte, wendete er sich der Düngung von Pflanzen zu. Er ist der Begründer des Kali-Industrie. Kalisalze werden bis heute in der Pflanzendüngung verwendet. Meine Heimat ist durch Abraumhalden geprägt.

Wer sich dafür nicht so interessiert, dem sei von einem anderen wichtigen Verdienst berichtet. Adolph Frank veranlasste die Braunfärbung von Bierflaschen, um das kostbare Getränk vor dem Sonnenlicht zu schützen.

Ein Prosit auf Adolph Frank!

Bandmarathon und Spendenrallye

Gestern Abend führten wir in der VILLA den 6. Bandmarathon durch: sage und schreibe 14 Bands spielten von 17:00 Uhr an bis in das Wochenende hinein. Mit dabei waren sehr junge Bands, die ihre ersten drei, vier einstudierten Songs einem hauptsächlich familiär geprägten Publikum präsentierten, aber auch bereits erfahrene Bands, die ernsthaften Jazz spielten.

Mich hat eine Band besonders beeindruckt: Emerge aus Eilenburg. Vom Alter lagen sie wohl im jüngeren Mittelfeld. Aber Phillip, der Gitarrist und Sänger, spielte seine Riffs und Soli auf so routinierte Weise, dass es wirklich eine wahre Freude war. Wenn jemand mit Leidenschaft an der Gitarre frickelt, vernachlässigt er oft die Stimme. Doch Phillips Gesang kann sich absolut hören lassen. Episch und ein wenig melancholisch legte sich seine Stimme über den scharfen und kantigen Sound der Gitarre. Der Bassist und der Schlagzeuger standen ein wenig im Hintergrund; aber auch sie lieferten solide Leistungen ab. Ich war richtig gehend entrückt bei einigen ihrer eigenen Songs. Und Seven Nation Army als Zugabe war ein würdiger Abgang!

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Ich habe nur schnell ein unscharfes Bild mit meinem Smartphone gemacht, damit ich mich an das Konzert erinnere. Ich denke, wir können gespannt sein auf die weitere Entwicklung von Emerge. Ihre nächsten geplanten Auftritte kann man hier sehen: http://emerge-eb.de/auftritte.php

Ich kam auch kurz auf die Bühne, nicht um Musik zu spielen, sondern um die Anwesenden auf unsere Spendenrallye aufmerksam zu machen. In noch zwei Etappen kämpfen verschiedene Projekte unter dem Dach der VILLA um die Gunst der privaten Zuwendungsgeber. Auch der VILLA-Keller mit seinen Musikprojekten ist mit dabei: http://villa-leipzig.de/spendenrallye

Katholikentag in Leipzig

Gestern Abend wurde in Leipzig der 100. Deutsche Katholikentag mit einem Gottesdienst auf dem Marktplatz eröffnet. Ich war ab 18:00 Uhr mit dabei. Vom Gottesdienst habe ich nicht so viel mitbekommen, da der Markt übervoll war. Doch im Vergleich zu den unerfreulichen Legida-Demos waren hier so viele freundliche Menschen, dass es eine Freude  war, mit dabei zu sein.

Das Motto des Katholikentages lautet: Seht, da ist der Mensch. Wir kennen den Satz aus der Passion Jesu. Pilatus weist die pöbelnde Menge mit dem ecce homo auf den Schmerzensmann hin. In der Zeit von Flüchtlingskrisen und Demonstrationen gegen schutzsuchende Menschen sowie Anschlägen auf Asylbewerberheime ist das Motto gut gewählt.

Leider sind einige Leipziger nicht sehr gastfreundlich gegenüber den Besuchern des Laientreffens. Ich bin erstaunt und bang erschüttert, dass gerade aus der Gruppe der No-Legida-Fraktion, der ich mich ja allgemein verbunden fühle, einige unpassende und beleidigende Bemerkungen und Postings zu finden sind. Das können wir doch besser, oder? Den Besuchern möchte ich gern entgegen rufen: „Willkommen in Leipzig! Bitte lasst mich mit den Atheisten nicht allein!“

Heute war ich im Zentrum Regenbogen, das in meiner Kirchengemeinde untergebracht ist. 18:30 Uhr besuchte ich meine vertraute Friedenskirche zu einem Abendgebet der Gruppe Homosexuelle und Kirche. Schön!

Links
https://www.katholikentag.de/
http://www.huk.org/
https://www.facebook.com/HuK.eV
http://www.frei-und-fromm.de/der Vollständigkeit halber noch dieser Link zu einer Initiative innerhalb der sächsischen Landeskirche, Carsten Rentzing zum Trotz („Der alt böse Feind, mit Ernst er’s jetzt meint …“)

Geburtstag von Bob Dylan

Heute vor 75 Jahren wurde Robert Allen Zimmerman geboren. Den Namen kennen nicht so viele. Bekannt ist er aber unter dem Namen Bob Dylan. Unter den Jüngeren ist er mittlerweile nicht mehr ganz so gegenwärtig, obwohl er nach wie vor beeindruckende Alben abliefert. Aber auch sie können manche Lieder von ihm mitsingen, ohne den Urheber zu kennen. Das prominenteste Beispiel dafür ist wohl Knocking on Heaven’s Door.

Ach, ich müsste jetzt einen besonders langen, ausführlichen und enthusiastischen Artikel verfassen. Schließlich begleitet mich Bob Dylan schon mein gesamtes musikalisches Leben. Aber heute verweise ich nur auf einen älteren Artikel von mir: http://zweitgeborener.de/2015/07/die-besten-bob-dylan-alben/

Todestag von Klaus Mann

Heute ist der Todestag eines meiner absoluten Lieblingsschriftsteller: Klaus Mann. An meinem Schreibtisch sitzend habe ich immer seine Werke im Regal gegenüber im Blick. Ich habe sie demütig unter die Werke seines Vaters und Nobelpreisträgers Thomas und seines Onkels Heinrich gestellt. Das sagt schon viel über seine schwierige Position.

Geboren wurde Klaus Mann am 18. November 1906 in München als zweites Kind von Thomas und Katia Mann. Sein vollständiger Name lautet Klaus Heinrich Thomas Mann. Das ist so platt wie beschreibend. Drei äußerst schwierige Startbedingungen prägen sein Literarisches Schaffen wie sein selbst verkürztes Leben: Der berühmte Vater, die zur vollständigen Auslebung drängende Homosexualität und sein Kampf gegen den Faschismus und für ein geeintes Europa. Am 21. Mai 1949 nahm sich Klaus Mann in Cannes das Leben.

Klaus Mann hätte sicherlich einen ganz langen und ausführlichen Artikel verdient. Aber ich fühle mich heute nicht danach. Aber ein paar Empfehlungen möchte ich aussprechen in Form einer Top-Five-Liste der für mich wichtigsten Bücher von Klaus Mann.

  1. Mephisto (1936) – Viele kennen von ihm nur dieses Werk. Und es ist auf jeden Fall eines seiner besten Bücher. Überdeckt wird es immer wieder von der einfachen Gleichung: Hendrik Höfgen im Roman = Gustaf Gründgens im Leben. Doch Klaus selbst wies immer wieder darauf hin, dass Mephisto nicht als Schlüsselroman zu lesen sei. Wir machen es uns mit dieser Lesart auch wirklich zu einfach; denn solche Typen wie Hendrik Höfgen gibt es viele. Die sind nicht alle mit Gründgens gestorben.
  2. Alexander. Roman einer Utopie (1929) – Die Geschichte Alexander des Großen. Mir kommt es vor, als hätte Klaus sich hier ein wenig am Verständnis eines Stefan Zweig orientiert. Natürlich ist aus dem Autor nicht schnell ein fundierter Historiker geworden. Trotzdem ist dieses Buch für an der griechischen Antike Interessierten wie auch träumenden Weltbürgern immer noch lesenswert.
  3. Symphonie Pathétique (1935) – Es geht um Tschaikowsky, wie er seine 6. Symphonie komponiert und die unglückliche Liebe zu seinem Neffen Wladimir. Klaus setzt diesem großen Komponisten aus dem Reigen homosexueller Künstler eine sehr empfindsames Denkmal.
  4. Der fromme Tanz. Das Abenteuerbuch einer Jugend (1926) – Mit 19 Jahren schrieb Klaus Mann das Buch, was einer (wenn nicht der) der erste Homosexuellen-Romane in deutscher Sprache. Davon ausgenommen sind wilhelminische Schoßbüchlein und andere Schundliteratur. Hier wurde das Thema Homosexualität auf die Agenda des Feuilletons gehoben. Schon dafür gebührt Klaus Ruhm und Ehre.
  5. Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht (1942, 1952) – Bereits 1932 als 26-Jähriger veröffentlichte Klaus Mann eine Autobiografie heraus. Das brachte ihm viel Häme ein, er litte doch wohl entschieden an Selbstüberschätzung. Heute liefern seine drei Autobiografien – The Turning Point erschien 1942 in den USA, Der Wendepunkt, von ihm überarbeitet, postum 1952 – ein gutes Bild das Lebens eines denkenden und fühlenden deutschen junge Mannes zu Zeiten der Weimarer Republik, des Faschismus und der frühes Nachkriegszeit.

Geburtstag von Jakob van Hoddis

Mit dem Namen Jakob van Hoddis verbindet sich deutschunterrichtswirksam die Geburtsstunde des literarischen Expressionismus. Sein Gedicht Weltende traf den Puls seiner Zeit und hat, das wollen wir gleich durch die Wiedergabe des Textes zeigen, in unserer internetgestützten Nachrichtenwelt nicht an Aktualität verloren:

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei,
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

Am 16. Mai 1887 wurde Jakob van Hoddis in Berlin als Hans Davidsohn geboren. 1911 erschien Weltende erstmalig in der Berliner Zeitschrift Der Demokrat. Seit 1912 ist sein Lebensweg geprägt durch seelische Krisen bis hin zur geistigen Umnachtung. In einem anderen Gedicht von 1911 schreibt er prophetisch: All meine Pfade rangen mit der Nacht. Nach vielen Klinikaufenthalten und Vormundschaft kam er 1933 in die Israelitischen Heil- und Pflegeanstalten in Bendorf-Sayn. 1942 wurden die Patienten mit dem Pflegepersonal verschleppt und ermordet. Wahrscheinlich starb van Hoddis im Vernichtungslager Sobibor an der heutigen polnisch-ukrainischen Grenze. Er wurde 55 Jahre alt.

55 Jahre nach der Veröffentlichung von Weltende und genau am Geburtstag dieses ersten Expressionisten erschien mit Pet Sounds nicht nur das wohl beste Album der Beach Boys sondern ein unverrückbarer Meilenstein der Rock- und Popmusik. Ewiger Konkurrent Paul McCartney sagte über das Album: Ich glaube, niemand weiß wirklich was über Musik, solange er dieses Album nicht gehört hat. Die Frustration über die folgende Beatles-Veröffentlichung (Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band), der steigende Drogenkonsum, Probleme bei der Kommunikation seiner Vision gegenüber seinen Mitmusikern und nicht zuletzt eine psychische Erkrankung verhinderten die weitere Karriere des Brian Wilson. Was wir bis heute von ihm hören, ist ein Wundenlecken. Auch darin ist er noch groß, aber nicht mehr olympisch.

ESC-Nachlese

Ich hatte mir heute morgen vorgenommen, einen längeren Artikel zum gestrigen Eurovision Song Contest 2016 und dem wiederholt schlechten Abschneiden Deutschlands zu schreiben, aber der Tagesspiegel ist mir zuvorgekommen:

http://www.tagesspiegel.de/berlin/queerspiegel/bilanz-zum-eurovision-song-contest-freundlicher-maedchen-pop-reicht-einfach-nicht/13597880.html

Ich kann mit dem Sieg der Ukraine gut leben. Der Titel war auch auf meiner Favoritenliste, gemeinsam mit dem Australiens, Belgiens, Polens und Schwedens. Russland hatte mich gar nicht überzeugt. Der ESC ist doch kein Videopreis! Aus Deutschland sollte jetzt mal wieder etwas mit Substanz kommen und nicht nur ein freundliches Manga-Mädchen, über das man am Ende sagen kann, dass sie ihre Sache eigentlich ganz toll gemacht hat. Die letzten zwei deutschen Beiträge hatten den Tiefgang von Werken aus der Spätromantik. [Da müsste jetzt eigentlich das Wort Niedergang noch mit verknüpft werden.]

Etwas unvermittelt, weil ich meinen eigentlichen, gut strukturierten Artikel nun doch nicht schreibe, möchte ich auf eine Aktion des schwedischen Touristenverbands aufmerksam machen, von der ich über die Frankfurter Allgemeine Woche erfahren habe. Die Telefonnummer 0046 771 793336 verbindet den Anrufer mit einem beliebigen Schweden (der sich für diese Aktion gemeldet hat). Die Idee ist, dass jeder einzelne Schwede ein Teil des großen Schwedens und somit der ideale Mensch ist,um Werbung für einen Urlaub in seinem Heimatland zu machen. Diese Idee klinkt dann eher nach Frühromantik. Da bin ich gern mit dabei!

Links
http://www.eurovision.de/
http://www.eurovision.tv/
http://theswedishnumber.com/