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Opferfest und Pfingsten

Mit dem heutigen Abend beginnt das muslimische Opferfest Eid ul-Adha oder auch Persisch Eid-e Qurban. Wenn das Fest selbst auch ein originär muslimisches ist, liegt der Ursprung in einer biblischen Geschichte, die auch für die beiden anderen abrahamitischen Religionen Judentum und Christentum von großer Bedeutung ist.

Abraham wird von Gott aufgefordert, seinen Sohn zu opfern. Nach muslimischer Tradition meint dies Ismael, nach jüdisch-christlicher Isaak, aber das ist tatsächlich nicht so wichtig für den Kern der Geschichte. Abraham fügt sich dieser Forderung. Im letzten Augenblick gebietet Gott dem Opfertod des Sohnes Einhalt und schickt einen Schafbock, der von Abraham anstelle seines Sohnes geopfert wird.

Heute opfern Familien, die es sich finanziell leisten können, ein Schaf oder eine Ziege zum Opferfest. Üblicherweise isst die Familie ein Drittel des Tieres, gibt den Nachbarn ein weiteres Drittel und spendet das letzte Drittel Bedürftigen.

Mein Herz ist übervoll! Ich habe das Gefühl, gerade in diesem Jahr könnte man so viel zum Opferfest schreiben. Die abrahamitische Ökumene ist in einer deutlichen Krise. Die Beziehung von Juden und Muslimen scheint sich in Gaza auf eine horrende Art zu manifestieren, während die christliche Welt auf den ersten Blick geteilt scheint in der Unterstützung der einen oder anderen Seite. Dennoch wachsen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit in Europa gleichermaßen. Und die friedliche bürgerliche Welt hat nur ihre Gleichgültigkeit anzubieten.

Selbstverständlich habe ich auch keine Lösung parat. Ich habe den Eindruck, dass wir uns immer entscheiden sollen: bist du für Israel oder für Gaza? Das ist eine falsche Alternative. – Ich bin dafür, dass die Kinder dieser Welt angstfrei und behütet aufwachsen können. Und ich glaube, dass wir Erwachsenen dafür verantwortlich sind.

Dieses Jahr fallen das muslimische Opferfest und das christliche Pfingstfest aufeinander. Das ist theologisch ein interessantes Spannungsfeld, was sich da auftut. Historisch-kritisch ausgelegt, wird mit der Rettung von Abrahams Sohn das Menschenopfer zur Ehre Gottes abgeschafft. Der Schafbock ist ein Ersatzopfer, ein Sündenbock. Nur einmal noch wird ein Mensch geopfert. Das ist Jesus Christus, das Lamm Gottes. Im Christentum heißt es, dass sich Gott selbst für seine Schöpfung von ihr hat opfern lassen.

Fünfzig Tage nach Jesu Auferstehung zu Ostern ist Pfingsten, die Ausschüttung des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ist für Christen die dritten Person des einen Gottes. Dieser Geist macht uns zu Kindern Gottes. Und die Kinder stehen seit der Rettung von Abrahams Sohn unter einem besonderen Schutz.

Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater! Derselbe Geist gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir denn Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, so wir anders mit leiden, auf dass wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.
(Römer 8, 14–17)

Nun, das mag jetzt nicht die höchste Theologie gewesen sein. Vielleicht habe ich etwas unsauber argumentiert. Aber für mich funktioniert es ganz gut. Die Konsequenzen sind:

  • Keine Menschenopfer zur Ehre Gottes!
  • Agieren als Kind Gottes meinen Brüdern und Schwestern gegenüber.
  • Das innere Bedürfnis, mich dieses Erbes würdig zu zeigen.
  • Das gemeinsame Feiern unterschiedlicher religiöser Feste.

Ich wünsche vor allem meinen muslimischen Freunden und ihren Familien und Lieben ein gesegnetes Opferfest! Ich feiere gern mit euch mit und lade euch ein, Pfingsten mit mir und meinen christlichen Freunden zu feiern. Gott will, dass wir uns verstehen, dass wir miteinander reden und ins Gespräch kommen.

Eid Qurban Mubarak!