Ich hatte schon vor einigen Monaten durch einen Freund den Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi kennenlernen dürfen. Seitdem schaue ich mir immer mal ein Video von denen bei YouTube an. Und immer habe ich bessere Laune danach, fühle mich gut und geistreich unterhalten und ein wenig beschwingt oder – wenn ich das so sagen darf – intellektuell durchgegroovet.
Da ich heute mit einem irgendwie positiven Lebensgefühl aufgewacht bin und außerdem für einen anderen Freund gerade ein wichtiger neuer Lebensabschnitt beginnt, möchte ich mit den Worten des Käptns sagen: „Hallo!“ und: „Der Anfang ist nah!“
Heute ist für die evangelische wie die katholische Kirche der Gedenktag der Ersten Märtyrer von Rom. Gemeint sind damit die frühen Christen, die unter Nero verfolgt und oft bestialisch gefoltert und gemordet wurden. Tacitus berichtet von Massenkreuzigungen und von Zirkusspielen, bei denen Christen in Tierhäute gebunden wilden Tieren vorgeworfen wurden. Aber besonders schrecklich ist wohl, dass der Kaiser Nero in seinen Parkanlagen zur Dämmerung Christen als lebende Fakeln aufstellen ließ.
Der polnische Salonmaler Henryk Siemiradzki schuf 1876 selbst in Rom lebend das Gemälde Die lebenden Fackeln des Nero, das keine 20 Jahre später sogar in Theodor Fontanes Roman Die Poggenpuhls Eingang gefunden hat. Unser heutiges Nero-Bild ist jedoch von einem anderen Polen nachhaltig geprägt. Zeitgleich mit der Buchveröffentlichung der Poggenpuhls erschien der Roman Quo Vadis? des Literaturnobelpreisträgers Henryk Sienkiewicz. Ist der Roman auch schon 1898 auf Deutsch erschienen, kennen heute doch die meisten nur aus dem Kreise der Verfilmungen jene des Regisseurs Mervyn LeRoy aus dem Jahre 1951. Sir Peter Ustinov stellte Nero so raumgreifend und überzeugend dar, dass seine Verkörperung lange Zeit jedes historische Zeugnis verdrängte.
Mittlerweile wird der historische Nero deutlich nüchterner betrachtet. Manche Historiker sehen im Seneca-Schüler einen erst hoffnungsvollen Reformer, der Opfer seines wohl schwachen und ausschweifenden Chrakters und seiner eigentlichen Fehlbesetzung auf dem Kaiserthron wurde. Nero sah sich sein Leben lang als Künstler. Dass in seiner Regierungszeit Christen verfolgt wurden, bleibt aber unbestritten. Um auch ein filmisches Gegenstück zur Ustinov-Variante zu nennen, empfehle ich den Fernsehfilm aus dem Jahre 2004 Imperium: Nero (im Deutschen noch mit dem Untertitel Die dunkle Seite der Macht). Hans Matheson spielt unter dem britischen Regisseur Paul Marcus die Figur des Kaisers so ganz anders aus, dass ich fast schon Mitleid mit diesem visionären aber orientierungslosen Potentaten fühlen möchte.
Ein solcher Tag nun scheint mir angemessen, auf ein Video der Katholischen Kirche in Deutschland aufmerksam zu machen. Flüchtlinge in Deutschland lesen Twitter-Nachrichten von Deutschen über Flüchtlinge. Die Nachrichten sind echt und die Flüchtlinge auch.
Wir sitzen so warm, satt, sicher und über die Maßen selbstgefällig vor unseren Bildschirmen und urteilen leichtfertig über Menschen, die oft nur knapp einem der Ersten Märtyrer von Rom ähnlichen Schicksal entkommen sind. Die Pegida-Demonstrationen, die Brandanschläge auf Asylbewerberheime, die hier verlesenen Tweets – das alles erfüllt mich mit Scham. Sollten wir nicht langsam bessere Menschen geworden sein?
Ich habe seit dem frühen Morgen darüber nachgedacht, worüber ich heute schreibe. Ich dachte an den thüringischen Pädagogen Friedrich Fröbel, der heute vor 175 Jahren den ersten Kindergarten gründete. Ihm ist es zu verdanken, dass das Wort Kindergarten in den internationalen Sprachgebrauch übergegangen ist.
Dann dachte ich an einen besonders pingeligen Eintrag über den Sankt-Veits-Tag, der ja eigentlich am 15. Juni ist. Vor 626 Jahren fand die Schlacht auf dem Amselfeld am Sankt-Veits-Tag statt. Das ist ein Kapitel der europäischen Geschichte, das heute wieder intensiver studiert werden sollte. Es geht um die Zugehörigkeit des Balkan, den Islam und die panslawische Idee. Wie dem auch sei, nach der gregorianischen Kalenderreform rutschte der Gedenktag auf den 28. Juni, aber das möchte ich heute mal nicht weiter ausführen.
Dafür möchte ich einen griechischstämmigen amerikanischen Komiker vorstellen. Demetri Martin ist ein mittlerweile 42-jähriger Studienabbrecher, der in New York als Stand-Up-Comedian wirkt. Dem Kinopublikum wurde Martin erst 2009 mit dem Ang-Lee-Film Taking Woodstock vorgestellt, in dem er die Hauptrolle des LGBT-Aktivisten Elliot Tiber spielt. Ich wurde vor einiger Zeit bei einem Chat auf Demetri Martin aufmerksam gemacht. Auf YouTube sind ein paar seiner Shows zu finden. Zwei, die ich gestern Abend angeschaut bzw. angehört habe, sind diese:
Heute vor 35 Jahren hatte der Kultfilm Blues Brothers in Chicago Premiere. Ich selbst sah ihn fast genau zehn Jahre später in Peine im Sommer 1990 – aber auch im Kino und nicht von einer schlechten VHS-Kopie auf einem unscharfen Röhrenfernseher. Das war dann das zweite bis zwanzigste Mal der Fall, als ich wiederholt John Belushi und Dan Aykroyd im Auftrag des Herrn und im Kreise einiger Musikgrößen Geld für ein katholischen Waisenhaus sammeln sah.
Ich denke, ich muss hier keine Inhaltangabe schreiebn. Der Film ist wohl den meisten bekannt. Außerdem lebt er nicht unbedingt von der Handlung, sondern von der guten Musik zwischen Bues, Rock und Gospel. Große Stars haben ihre Gastauftritte, einige von der Mehrheit unbemerkt, wie z.B. Frank Oz, der sonst in der Muppet Show Miss Piggy seine Stimme leiht. Andere Gastauftritte sind legendär: Ray Charles, John Lee Hooker, Chaka Khan, Aretha Franklin und – last but not least – James Brown.
Mir gefällt besonders gut, dass die religiösen bzw. kirchlichen Bezüge in diesem Film nicht genutzt werden, um sich über den Glauben zu erheben oder Hohn und Spott über Christen auszuschütten. Die Opferrolle bleibt hier der staatlichen Gewalt vorbehalten. Der Glaube ist vielmehr eine weitere Coolness-Faktor. Zu vergleichen ist der Film in seiner Wirkung an dieser Stelle wohl mit Sister Act.
Jesus Christus aus Nazaret ist nicht nur die zentrale und namensgebende Person des Christentums, er ist auch als literarische Person von kaum zu überschätzender Bedeutung. Dann ist es wohl nur folgerichtig, dass sich das Kino ebenfalls und bereits seit seinen Anfängen mit Jesus auseinandersetzt.
Zum Karfreitag möchte ich daher eine Top-Five-Liste erstellen mit Jesus-Filmen, die mir viel bedeuten, die mich nicht nur einmal, sondern immer wieder stark ergreifen. Da ich aus einer so übergroßen Fülle schöpfen kann/muss, möchte ich die Auswahl noch vorher etwas einschränken.
Nicht zur Wahl stehen Filme, in denen Jesus nur eine Nebenrolle oder einen kurzen Gastauftritt hat, wie z.B. Ben Hur, Das Gewand oder auch Das Leben des Brian, der im Übrigen keine Verballhornung Jesu ist, sondern seiner und anderer übereifrigen Nachfolger. Ich kann ein gläubiger Christ sein und diesen Film mögen. Trotzdem kommt er nun nicht in meine Top-Five-Liste. Fernsehserien lasse ich grundsätzlich weg, so dass Southpark bereits aus zwei Gründen nicht aufgeführt sein wird.
Auch Endzeitfilme lasse ich raus. Der wiederkehrende Christus wie ihn Jürgen Prochnow in Das siebte Zeichen spielt, ist selbstverständlich auch ein interessanter Betrachtungsgegenstand. In der heutigen Liste zum Karfreitag soll aber die Passion im Mittelpunkt stehen. Das Leiden, die Kreuzigung also der Opfertod Jesu für die Sünden der Menschheit muss im Film thematisiert sein, damit er hier Aufnahme finden kann.
Das 1. Evangelium – Matthäus (1964 von Pier Paolo Pasolini)
Als der atheistische, sozialistische und homosexuelle Pasolini das Leben Jesu verfilmte, waren viele Kreise aus unterschiedlichen Gründen verwundert, skeptisch und brüskiert. Doch der späte italienische Neorealist zeigt mit dem Laiendarsteller Enrique Irazoqui als Jesus einen Kämpfer für die sozial Benachteiligten, „sanft im Herzen, aber nie im Denken“. Nach einer Vorführung im Vatikan soll der Applaus 40 Minuten angedauert haben. Unter dem Kreuz sieht man Pasolinis Mutter als Maria.
Die Passion Christi (2004 von Mel Gibson)
Ich möchte sofort und entschieden drauf hinweisen, dass ich mit der Aufnahme dieses Films in meine Liste keine Aussage über die Qualität anderer Filme von und mit Mel Gibson treffe. Auch seine persönlichen Aussagen sollen hier nicht zur Diskusson stehen. Die Passion Christi aber ist ein Meisterwerk! Unsynchronisiert erleben wir die letzten Tage Jesus auf Latein, Aramäisch und Hebräisch. Dem Film wird vorgeworfen, Gewaltexzess und Blutorgie zu sein. Das Gesicht James Caviezels ist fast den gesamten Film über blutig und nach der Geißelung ist sein Rücken so zerfurcht, dass man kaum noch Haut erkennen kann. Dem möchte ich aber entgegen halten, dass Jesus tatsächlich gefoltert wurde und für die Sünden der Welt gestorben ist. Wenn uns beim Zuschauen ein wenig mulmig wird, ist das wohl ein vergleichsweise niedriger Preis. Gibson verneigt sich übrigens still vor Pasolini, indem er seinen Film im süditalienischen Matera dreht, welches auch schon 1964 als Kulisse diente.
Die letzte Versuchung Christi (1988 von Martin Scorsese)
Der dritte Film in der Reihe und der dritte Film mit einem italienischen Bezug, zumindest was die Wurzeln des Regisseurs angeht. Die literarische Vorlage lieferte 1951 der griechische Autor Nikos Kazantzakis, der auch für Alexis Sorbas verantwortlich zeichnet. Walter Jens nannte es ein interessantes und problematisches Buch. Papst Pius XII. setzte 1954 den Roman auf den Index der verbotenen Bücher. Mit der Musik von Peter Gabriel unterlegt sehen wir einen von Willem Dafoe gespielten Jesus, der als Zimmermann Kreuze für die Römer fertigt. Er zweifelt an seiner Berufung nimmt sie aber letztendlich doch an. Am Kreuz erscheint ihm ein vermeintlicher Engel, der ihm vom Kreuz hilft. Jesus heiratet Maria Magdalena und erlebt als alter Mann die Zerstörung Jerusalems. In einer Konfrontation seiner ehemaligen Jünger erkennt er, dass er am Kreuz hätte sterben müssen. Er erwacht, erneut am Kreuz hängend, und nimmt den Opfertod auf sich.
Jesus Christ Superstar (1973 von Norman Jewison)
Andrew Lloyd Webber ist bekannt für viele erfolgreiche Musicals. Tim Rice lieferte in den ersten Jahren das Libretto, so auch 1970 für Jesus Christ Superstar. Der kanadische Regisseur Jewison, von dem ich auch In der Hitze der Nacht von 1967 und Hurricane von 1999 sehr schätze, kommt in meiner Liste den Originalschauplätzen am nächsten. Er drehte in der Negev-Wüste in Israel. Allerdings nutzt er einen Verfremdungseffekt: Die Darsteller sind eine Hippie-Kommune, die zu Beginn mit einem Bus anreisen und mit teilweise hanebüchenen Requisiten (Maschinenpistolen, Stahlhelme, Regenschirme etc.) die Passion nachspielen. Auch Bezüge zur Zeitgeschichte (Panzer, Düsenjäger) fehlen nicht. Ted Neely spielt den von seiner Rolle auch immer mal überforderten Jesusdarsteller.
Jesus von Montreal (1989 von Denys Arcand)
Mit dem fünften Film dehne ich meine eigenen Vorgaben. Nach Jesus Christ Superstar ist aber der Schritt nicht mehr ganz so groß. Lothaire Bluteau spielt Daniel Coulombe. Daniel ist der Jesusdarsteller einer Passionsspielgruppe in Montreal. Im Laufe eines Handgemenges mit Polizei und Zuschauern stürzt der ans Kreuz gebundene Daniel. Ohne ärztliche Versorgung verlässt er das Krankenhaus. An seiner Sprache und seinem Verhalten wird ersichtlich, dass er die Jesusrolle vollständig verinnerlicht hat. In einer U-Bahn-Station bricht er zusammen und wird in ein jüdisches Krankenhaus gebracht, wo nur noch der Hirntod festgestellt werden kann. Sein Herz und seine Augen werden ihm als Organspende entnommen. Die anderen Schauspieler gründen nach seiner Beerdigung ihm zu Ehren eine neue Schauspielgruppe.