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Wann ist Frühling?

Wir warten in jedem Jahr wieder und immer ein wenig ungeduldiger als im Jahr zuvor auf den Frühling. Fast könnte man die ungeduldige Vorfreude der Erwachsenen in diesen Wochen mit der kindlich-adventlichen Erwartung des Weihnachtsfestes vergleichen, wenn sich dies nicht aus jahreszeitlichen und theologischen Gründen ausschlösse. Weihnachten und Ostern fallen eben tatsächlich niemals auf den selben Tag!

Da uns aber der Frühling so wichtig ist, können wir gleich mehrere Frühlingsanfänge feiern. Da bietet sich doch meine geliebte Form der Top-Five-Liste an:

  1. Frühlingsanfang im Kirchenjahr
    Für die Berechnung des Osterfestes ist der Frühlingsanfang wichtig. Der Sonntag nach dem Frühlingsvollmond, also dem Vollmond nach Frühlingsanfang, ist der Ostersonntag. Bereits beim Konzil von Nicäa wurde das so festegelegt und der Frühlingsanfang auf den 21. März gesetzt. In Abhängigkeit des Monzykluses kann das Osterfest also schon am 22. März beginnen oder aber erst am 25. April. In diesem Jahr wird der Frühlingsvollmond am 4. April sein. Der 5. April ist dann Ostersonntag.
  2. Der phänologische Frühlingsanfang
    Wenn man einen Spaziergang macht, interessieren einen nicht unbedingt Kalender und Berechnungen von bestimmten Terminen. Man schaut in die Natur. Und was man sieht, bestimmt auch, wie man sich fühlt. Brechen die ersten Schneeglöckchen durch den Schnee, beginnt der Vorfrühling. Die gelben Blüten der Forsythie ordnet man dem sogenannten Erstfrühling zu. Die Apfelblüte zeigt uns schließlich gemeinsam mit dem ersten Flieder den Beginn des Vollfrühlings in Mitteleuropa an.
  3. Der astronomische Frühlingsanfang
    Die erste Tag-und-Nacht-Gleiche des Jahres bestimmt den astronomischen Beginn des Frühling; die zweite dann übrigens den Herbstanfang. In diesem Jahr hat der astronomische Frühling bereits gestern am 20. März begonnen.
  4. Der meteorologische Frühlingsanfang
    Die Meteorologen lieben Statistiken. Damit man diese sauber erstellen kann, braucht es klare Zuordnungen. Daher hat die unter dem Dach der UN arbeitende World Meteorological Organization die drei Monate März, April und Mai dem Frühling zugeorndet. Wir sind heute also schon drei Wochen tief im meteorologischen Frühling. (Die Aufteilung der übrigen neun Monate erspare ich mir, um nicht die Intelligenz meiner Leser zu kränken.)
  5. Der ökonomische Frühlingsanfang
    Böse Zungen behaupten, man erkenne den Beginn des Frühlings am Beginn des Sommerschlussverkaufs, da ja im Handel vieles überpünktlich bis absolut unzeitig angeboten würde. So schlimm ist es allerdings noch nicht um uns gestellt. Obwohl saisonale Schlussverkäufe seit 2004 nicht mehr gesetzlich bestimmt werden, haben sich doch bestimmte Zeiten bewahrt (Juli/August für den SSV und Januar/Februar für den WSV). Das Ende des Winterschlussverkaufs ist also eine Art ökonomischer Frühlingsanfang. Ungefähr zur gleichen Zeit halten dann auch Schokoladenosterhasen und Nugateier Einzug in die deutschen Supermärkte.

Ich möchte den heutigen Blogeintrag auch nutzen, um einen anderen Blog kurz vorzustellen. Unter dem Namen Neues aus Philly stellt Anne Sophie Heisig ihre temporäre Wahlheimat Philadelphia vor. Während ihrer ersten Semester der Theologie habe ich sie in Leipzig, genauer beim Gitarrenabend in der VILLA kennengelernt. Sie spielt nämlich Gitarre und hat – nebenbei bemerkt – eine wunderbare Stimme. Nun ist sie für ein Studienjahr in den USA.

In diesem Sommer aber wird sie zurückkommen. Darauf freue ich mich. Gestern hat sie auf ihrem Blog einem Artikel den Titel Warten auf den Frühling gegeben. Dem schließe ich mich an. Der Blog beinhaltet übrigens deutlich weniger Worte und mehr Bilder als mein Blog. Ein kurzer Besuch lohnt sich also.

Link
neues-aus-philly.blogspot.de

Staring at the sun

Eigentlich wollte ich beginnen mit: Dieser Tag steht ganz im Schatten der Sonne. Aber das ist nicht ganz logisch. Im Schatten des Mondes vielleicht – aber das dann nicht ganz, sondern nur partiell. Also, nochmal.

Dieser Tag steht ganz im Schatten eines Ereignisses: der partiellen Sonnenfinsternis. Und damit verbunden die Angst vor einem Zusammenbruch der bundesrepublikanischen Stromversorgung, was, wie ich jetzt bereits schreiben kann, ganz offensichtlich nicht eingetreten ist. Da haben Atom- und Kohlelobby wohl zu Unrecht Panik geschürt. Gut. Aber das soll jetzt hier nicht zu politisch werden.

Während die Sonne mehr und mehr vom Mond verdeckt wurde und ich mich vor dem Weiterarbeiten am Vatermörder-Projekt drückte, wuchs in mir der halbherzige Wunsch, vielleicht doch ein Foto von diesem Ereignis zu schießen. Klarer Himmel über Leipzig begünstigte dies. Doch was dabei herauskommt – ohne weitere Filter und mit einer Ausrüstung, die für die Erstellung von Porträts angeschafft wurde –, kann man an diesem kläglichen Bildchen ablesen, welches ich in Paint wohl besser hinbekommen hätte.

Na ja, jetzt hält mich ja nichts mehr von meiner Schreibtischarbeit ab. Obwohl ich natürlich noch den Einkauf für das Wochenende erledigen könnte …

Die Sonne mit Mond und Schlieren auf der Linse

Tanners Terrasse im Helheim

Einige Tage hatte ich Probleme mit meinem WordPress. Ich musste warten, bis ein Freund und Informatiker mir mit einem beschämend schnellen Handgriff die Arbeitsbereitschaft wieder herstellte. Nun soll es auch gleich weiter gehen. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, mit welchen Themen ich diesen Blog tatsächlich füllen sollte.

Gestern Abend war ich zu einer Lesung im Helheim. In der Veranstaltungsreihe Tanners Terrasse lädt Volly Tanner Leipziger Dichter und Denker, also Schreibende und Grübelnde Menschen, zu sich auf das Podium. Nach launigem Gespräch darf man einige seiner Werke vorstellen. Ich war auch schon einmal von Volly eingeladen. Das hat mir viel Spaß gemacht. Doch am 19. Februar 2015 um 20:00 saß ich im Publikum, um Anna Hopperdietz, Jolanta Drywa und Nils Müller zuzuhören. Tanner selber wird schmunzeln und nachfragen und Becher leeren und umarmen und beschenken. So wie Miteinander funktioniert! – Das steht in der Ankündigung. Wer Volly Tanner kennt, weiß, dass er alles mit einem zwinkernden Auge sagt. Und das ist keine Anspielung auf sein Matschauge (wie er es selbst gern nennt). Bevor etwas zu Pathos gerinnt, bricht er es selbst ironisch. Das erlaubt uns allen einen entspannten Abend mit Witz – auch Blödelei – und Geist, ohne Angst vor zu viel Spießigkeit haben zu müssen.

Anna Hopperdietz, die gestern dort ihren Geburtstag feierte, habe ich nicht mehr hören können, da ich das Helheim bereits verlassen hatte. Der Veranstaltungsraum ist zum Rauchen freigegeben. Das halte ich nur eine begrenzte Zeit aus. Schade! Denn Jolanta und Nils, die ich bei auch privat kenne, waren wirklich gut. Da hätte ich auch gern noch eine dritte Stimme kennengelernt.

Jolanta Drywa, eine Kaschubin aus der Nähe von Danzig, gefällt sich in der großen Pose eines Vamp, während sie von ihren erotischen Abenteuern berichtet. Saftiges Birnenfleisch, oder Lippen wie solches tauchen da immer wieder auf. Prinzen werden unter dem Vollmond geliebt. Und Bäuche werden geküsste. Über allem hängt von Anfang an ein Schatten. Jolanta widmete diese Gedichte ihrem Liebhaber, der sich vor einiger Zeit das Leben nahm.

Nils Müller schreibt ganz anders. Er steht dem Makaberen nahe. Aber das Makabere in seinen Texten ist kein Selbstzweck. Es schließt uns die Sicht auf für die nächste zwischenmenschliche Begegnung. Von seinem bei epubli herausgebrachten Buch Anfang des letzten Jahres bis zu dieser Lesung gestern ist Nils schon einen Weg gegangen. Ich bin gespannt auf seine nächste Veröffentlichung.

Das Internetradio Leutzscher Welle hat den Abend vollständig live übertragen. Wem der Zigarettenqualm zu schwer ist, kann also für das nächste Mal einen rauchfreien Raum aufsuchen und Tanners Terrasse virtuell besuchen.

 

Links
vollytanner.wordpress.com
facebook.com/helheimleipzig
leutzscher-welle.de