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Groundhog Day und Mariä Lichtmess

Heute ist Groundhog Day (Tag des Murmeltiers), der namensgebende Tag, der sich 1993 für Phil Connors (gespielt von Bill Murray) immer wieder wiederholt. – Täglich grüßt das Murmeltier! Ich mag Bill Murray. Aber das ist wohl kein großes Bekenntnis. Das geht ja doch einigen in meinem Freundeskreis so. Vielleicht ist es diese notorische leichte Überforderung, die er ausstrahlt. Es scheint auch, dass er nie volltändig in die Szenerie gehört, in die er durch die Umstände hineingekommen ist. Darin kann man sich wohl auch wiederfinden, nicht nur aber besonders gut in Filmen wie Broken Flowers oder Lost in Translation.

Aber ich wollte keine Lobeshymne auf Bill Murray anstimmen. Dieser Eintrag sollte nur ganz nebenbei auf den filmischen Groundhog Day verweisen, bevor ich dann – wieder ganz der belehrende Besserwisser – darauf verweise, dass in christlichem Kontext der 2. Februar Mariä Lichtmess genannt wird. Es ist das Fest der Darstellung Jesu im Tempel. 30 Tage nach der Geburt ihres Sohnes ist Maria kultisch wieder rein. An diesem Tag wird die heilige Familie in den Tempel gegangen sein, um Jesus als Erstgeborenen mit einem Opfer symbolisch loszukaufen. Mit dem heutigen Tag ist nun auch der weiteste Kreis weihnachtlicher Festtage abgeschlossen.

In den USA und in Europa gleichermaßen ist der Tag mit Bauernregeln bis abergläubischen Ritualen zum Winterende verknüpft. Manchmal heißt es, in sechs Wochen könne der Winter vorbei sein, in anderen Traditionen sind es 40 Tage. Frei von diesem Aberglauben möchte ich aber doch sagen, dass mir die nun merklich wieder früher aufgehende Sonne gut tut.

Heute ist außerdem der zweite Todestag eines großen Charakterschauspielers der Murray nachfolgenden Generation. Am 2. Februar 2014 starb Philip Seymour Hoffman an einem Drogencocktail mit 46 Jahren.

Die Bibliothek des Vatikan

Wenn man mal wieder gut und niveauvoll unterhalten einen Tag vor dem PC verplempern möchte, kann ich die Website der Bibliothek des Vatikan empfehlen. Die Digita Vaticana Onlus hat sich, 2013 gegründet, zum Ziel gesetzt, 80.000 Manuskripte der Bibliothek zu digitalisieren und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Kenntnisse der Alten Sprachen helfen bei der Lektüre. Man kann sich aber auch von Buchillustrationen bezaubern lassen, oder einfach das geballte Wissen der Menschheit ungelesen bestaunen. Damit es aber nicht auf ewig ungelesen bliebe, gibt es eben dieses Projekt.

Links
vatlib.it – Hauptseite der Bibliothek des Vatikan
digitavaticana.org – Hauptseite der Digitana Vaticana Onlus
digital.vatlib.it/en/collection – Übersicht der bereits digitalisierten Manuskripte

Namenstag von Nathan Söderblom

Heute mögen nicht mehr viele Nathan Söderblom kennen, aber der evangelisch-lutherische Bischof von Uppsala bekam 1930 den Friedensnobelpreis für sein Engagement in der Ökumene. Ein knappes Jahr später, nämlich am 12. Juli 1931 verstarb Söderblom im Nachgang einer Operation mit 65 Jahren.

Söderblom hat auch eine besondere Beziehung zu Leipzig. 1912 wurde in Leipzig das deutschlandweit erste Institut für Religionswissenschaften gegründet. Von der Gründung an bis 1914 hatte Söderblom den Lehrstuhl inne, nachdem er 1901 an der Sorbonne über den Zarathustrismus promoviert hatte und im gleichen Jahr noch eine Porfessur für Religionsgeschichte in Uppsala angetreten hatte. Leipzig verließ er nur, um Erzbischof von Uppsala und somit Oberhaupt der evangelisch-lutherischen Kirche zu werden, die bis 2000 noch schwedische Staatskirche war.

Neben seiner Arbeit als Religionswissenschaftler und staatstragender Theologe fand er auch die Zeit, Kirchenlieder zu dichten. Im schwedischen Gesangbuch sind immer noch einige Texte von ihm zu finden. Ich slebst kenne keinen Text von ihm. Aber einen Satz kennen die deutschen Kirchenmusikliebhaber von Söderblom, selbst ohne sich über die Autorenschaft im Klaren zu sein. Er nannte die Kantaten Johann Sebastian Bachs ein fünftes Evangelium und erhob den Thomaskantor selbst somit zum fünten Evangelisten.

Der deutsche Organist und Komponist Wilhelm Kempff hat dies aus einem Gespräch mit Söderblom 1918 nach Deutschland getragen. Nachzulesen ist dies in seinen 1951 erschienenen Lebenserinnerungen Unter dem Zimbelstern – Das Werden eines Musikers. Manche schreiben dieses Wort auch Albert Schweitzer zu. Das ist natürlich möglich. Mit ihm war Nathan Söderblom übrigens freundschaftlich verbunden. Aber über das Rätseln hätte Schweitzer wohl gesagt, was er ein andermal über Bach gesagt hatte: Hören, spielen, lieben, verehren und das Maul halten!

Weltrotkreuz- und Rothalbmondtag

Heute vor 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Dass auch Deutschland befreit und nicht nur besiegt wurde, ist seit Richard von Weizsäckers Rede zum 40-jährigen Kriegsende 1985 wohl doch common sense. Tatsächlich ist mir das Thema heute zu groß, um mich darüber auszubreiten. Stattdessen möchte ich das Augenmerk auf eine Merkwürdigkeit am Rande eines anderen Gedenktages lenken, der heute ebenfalls begangen wird – den Weltrotkreuztag.

Heute ist der Geburtstag von Henry Dunant (1828–1910), geistiger Vater der Genfer Konvetion (1864) und Begründer des Internationalen Kommitees vom Roten Kreuz (1876). Für sein philanthropisches Lebenswerk erhielt Dunant 1901 den ersten Friedensnobelpreis. Bereits 1938 wurde entschieden, dass der Geburtstag Henry Dunants ein offizieller Gedenk- und Feiertag der Internationalen Bewegung sein solle. Der Zweite Weltkrieg unterbrach diesen Plan. 1948 konnte schließlich zum ersten Mal gefeiert werden. Seit 1984 unter dem Namen Weltrotkreuz- und Rothalbmondtag.

Heute ist das Internationale Kommitee unter dem Leidspruch Per Humanitatem ad Pacem (Durch Menschlichkeit zum Frieden) sieben Grundsätzen verpflichtet:

  • Menschlichkeit (Humanity, Humanité)
  • Unparteilichkeit (Impartiality, Impartialité)
  • Neutralität (Neutrality, Neutralité)
  • Unabhängigkeit (Independence, Indépendance)
  • Freiwilligkeit (Voluntary Service, Volontariat)
  • Einheit (Unity, Unité)
  • Universalität (Universality, Universalité).

Der Internationalität wegen möchte ich die Bewegung, die hinter dem heutigen Tage steht, gerne noch einmal dreisprachig vorstellen:

Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung
International Red Cross and Red Crescent Movement
Mouvement international de la Croix-Rouge et du Croissant-Rouge

The official emblem of the IFRC


Das Rote Kreuz auf der Flagge ist nicht direkt durch das christliche Kreuz motiviert. Es ist die Inversion der Schweizer Flagge. Die Schweiz ist – mit nur geringfügigen Unterbrechungen – bereits seit 1647 der Neutralität verpflichtet. Als Europäer mag man sich kein besseres Zeichen für eine Hilfsorganisation denken. Da aber in den überwiegend moslemischen Ländern das Kreuz nicht erwünscht war, wurde der Rote Halbmond geschaffen.

Es gibt weitere offizielle und inoffizielle Symbole von Hilforganisationen, die aus der jeweils vorherrschenden Religion des Landes abgeleitet wurden, z.B. der Rote Davidstern oder (nicht als Teil der internationalen Organisation) die Rote Swastika. Es gibt auch den Vorschlag, eine Raute als neutrales Symbol übergreifend zu verwenden und sie  Roter Kristall (Red Crystal, Cristal Rouge) zu nennen. In allen drei Sprachen bliebe die Abkürzung RK (bzw. RC, CR) zum alten Namen erhalten.

Mit dem Kreuz habe ich keine Probleme, nicht als religiöses Symbol und auch nicht als invertiertes Schweizer Kreuz. Aber mit dem Halbmond tue ich mich schwer. Nicht des Bezugs zum Islam wegen, sondern weil es schlicht und einfach kein Halbmond ist. Das muss doch mal jemandem aufgefallen sein. Sicherheitshalber habe ich ein Bild gezeichnet, welches Vollmond, Halbmond und eine Mondsichel zu unterscheiden hilft.

Vollmond, Halbmond, MondsichelEs müsste also korrekt Rote Mondsichel heißen. Aber wie ist es mit den anderen beiden Sprachen, Englisch und Französisch? Die Mondsichel heißt im Englischen crescent und im Französischen croissant. Beide Wörter stammen vom Lateinischen crescere für wachsen, entstehen. Und das ist auch wieder falsch; denn die Mondsichel des Roten Halbmonds ist ein abnehmender Mond.

Christian Morgenstern hat in seinen Galgenliedern mit dem Gedicht Der Mond den deutschen Schülern eine Merkhilfe für den Astronomieunterricht geschenkt:

Als Gott den lieben Mond erschuf,
gab er ihm folgenden Beruf:

Beim Zu- sowohl wie beim Abnehmen
sich deutschen Lesern zu bequemen,

ein a formierend und ein z
daß keiner groß zu denken hätt’.

Befolgend dies ward der Trabant
ein völlig deutscher Gegenstand.

Damit dieses Gedicht als Merkhilfe funktioniert, muss man das Z allerdings auf alte Weise schreiben. Auch dafür habe ich eine kleine klärende Grafik angefertigt:

abnehmender und zunehmender MondIn der Musik kennen wir anschwellende Töne (crescendo) und abschwellende Töne (decrescendo). Im Englischen spricht man aber von einem waxing oder increasing crescent (zunehmende Mondsichel) und einem waning oder decreasing crescent (abnehmende Mondsichel). Man ahnt bereits, dass increase die gleiche etymologische Wurzel hat wie crescent, was die Formulierung noch aberwitziger macht. In der Heraldik, so lese ich, unterscheidet man auf Englisch auch increscent und decrescent. Aber der Rote Halbmond ist als Symbol doch Gegenstand der Heraldik.

Den Franzosen muss ich bei ihrer Inkorrektheit doch eines zugutehalten: Wenn ich Croissants esse, egal in welcher Ausrichtung sie auf dem Teller liegen, verschwinden diese ziemlich schnell, aber ich werde ein Zunehmender.