Frieden ist nicht alles,
aber alles ist ohne den Frieden nichts.
Frieden ist nicht alles,
aber alles ist ohne den Frieden nichts.
Zum Jahreswechsel hatte ich überlegt, wie und am Ende ob ich meinen Geburtstag feiern sollte. Corona und die Schutzmaßnahmen standen einer ausgelassenen Feier im Weg. Und auch wenn die Maßnahmen mittlerweile allerorten gelockert oder ganz aufgehoben werden, ist die eigentliche Krankheit und Infektionsgefahr noch lang nicht verschwunden.
Ich hatte mich also gegen eine Feier entschieden und widmete mich stattdessen meinen zwei großen Arbeitsfeldern dieser Tage: dem Unterricht am Vormittag und dem Bistro am Abend. An beiden Plätzen verbringe ich meine Zeit mit Menschen. Die lang angedrohte dann aber plötzliche russische Invasion der Ukraine lässt nun heute jede Feierlichkeit unangemessen erscheinen. Ab heute teile ich das Datum mit einem schrecklichen Ereignis, das – so fürchten es einige berufene Münder – zum Fanal für eine Zeitenwende werden kann.
Ich bin kein Staatsmann. Ich muss nicht öffentlich meine Betroffenheit ausdrücken. Aber ich ringe mit dem Gedanken, was von meinem Alltag noch Bestand haben kann, wenn nur zwei Ländergrenzen weiter ein solches Unrecht so viel Leid verursacht. Aber auch diesen Gedanken mag man heuchlerisch nennen, denn der Hunger in Sahelzone und die erneute Schreckensherrschaft der Taliban in Afghanistan haben mich auch nicht davon abhalten können, Glück und Freude zu empfinden, zur Arbeit zu gehen und Aktienkurse zu studieren. Auf diesen auch von mir selbst gemachten Vorwurf weiß ich keine Antwort. Vielleicht liegt es daran, dass nahes Leid einem auch tatsächlich stärker nahegeht als fernes Leid.
Ich glaube, dass in diesem Wort auch ein Lösungsansatz steckt. Jeder Einzelne von uns, der jetzt ohnmächtig die Nachrichten liest und das Weltgeschehen doch nicht ändern kann, sollte vor dem Hintergrund der Weltpolitik auch seine kleinen Schlachtfelder beräumen. Wie wir miteinander umgehen, das können wir ändern – sofort und jeden Tag aufs Neue.
Das ist auch ein guter Vorsatz für mein neues Lebensjahr: Noch stärker auf Kommunikation achten. Keine Geschütze aufstellen. Immer einen Weg zur Versöhnung offen halten.
Das Porträt hat Martina Siewert im VILLA-Café von mir gemacht. Vielen Dank dafür!
Die Nachrichten der letzten Tage sind schwer zu ertragen. Afghanistan wird von den Taliban quasi überrannt. Die Internationalen Truppen sind fast vollständig abgezogen, während sich die Islamisten der Unterstützung aus dem benachbarten Pakistan sicher sein können. Das durch Korruption geschwächte noch junge Staatswesen hat den Taliban nichts entgegenzusetzen.
Heute habe ich ein kurzes Gedicht geschrieben, das ich mit Gebet für Afghanistan überschrieben habe. Es ist vielleicht nicht ganz fein geschliffen, aber es muss nun heraus:
Ich sende bange Worte stündlich himmelan:
Gib Frieden, Herr, gib Frieden in Afghanistan!Lass deine Liebe herrschen und Barmherzigkeit
Und nicht brutale Selbstgerechtigkeit der Taliban!Lass dieses Land umgeben stets von Freunden sein
Und nicht verdeckt besetzt, gelenkt aus Pakistan!Lass uns nicht denken, dieses Leid sei fern von uns!
Befreie uns vielmehr von diesem arroganten Wahn!Nur du allein schaffst, was der Mensch nicht kann.
Gib Frieden, Herr, gib Frieden für Afghanistan!
Heute starb Dame Vera Lynn, The Forces’ Sweetheart genannt, im Alter von 103 Jahren. Sie hat im Zweiten Weltkrieg die Moral der britischen Truppen gestärkt und die Zivilbevölkerung über die harten Zeiten hinweggetröstet.
Bis heute ist ihr Weltkriegs-Hit We’ll Meet Again unvergessen. Geschrieben wurde das Lied 1939 von Ross Parker und Hughie Charles. Es bleibt aber verbunden mit Vera Lynn. Der bereits vom Tode gezeichente Johnny Cash wählte es als das letzte Lied auf seinem letzten Album The Man Comes Around. Zuletzt beruhigte Königin Elisabeth II. ihre britischen Untertanen in der Corona-Krise mit den Worten: We should take comfort that while we may have more still to endure, better days will return: we will be with our friends again; we will be with our families again; we will meet again.
Noch in der Corona-Krise haben Theater- und Musical-Stars des Londoner West-Ends ein Video gemeinsam mit Vera Lynn erstellt:
Der Vater von Roger Waters fiel im Zweiten Weltkrieg. Für ihn erfüllte sich das Versprechen des glücklichen Wiedersehens nicht. In der Rock-Oper The Wall verarbeitet er den Schmerz darüber in dem kurzen Lied Vera:
Does anybody here remember Vera Lynn?
Remember how she said that
We would meet again
Some sunny day?
Vera! Vera!
What has become of you?
Does anybody else in here
Feel the way I do?
Für mich gehört sie als Sängerin in eine Reihe mit:
Jetzt bleiben uns noch, deren Lieder ich sehr empfehlen kann:
Über die Vorgänge im Iran habe ich bereits geschrieben. Nach der großen Demonstration unter dem Hashtag #BlackLivesMatter am vergangenen Wochenende gab es heute Abend eine Demonstration zu #AfghanLivesMatter mit leider deutlich weniger deutscher Beteiligung. Das Anliegen ist aber wichtig. Und Afghanistan ist auf dem internationalen Spielfeld leider immer wieder im Abseits.
Ich habe viele Freunde und Bekannte wiedergetroffen. Von den Reden habe ich nicht alle verstanden, weil viele auf Persisch gehalten wurden. Aber ich ahne, was sie gesagt haben.
Und noch ein paar Panoramen:
Der Mord an George Floyd durch einen Polizisten (und stillschweigende Duldung dreier Kollegen) ging um die Welt. Das Video, das Floyds Sterben zeigt, geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Kein Wort des Hasses, kein Fluch kommt über seine Lippen. Dazu im Kontrast dieser selbstgefällige Mann mit seinen Händen in den Taschen, der es schafft, auch in mir Aggressionen zu schüren.
Die Entrüstung über diese Tat und damit die Beileids- und Solidaritätsbekundungen sind Legion, vereint unter dem Hashtag #BlackLivesMatter. Schnell kam Kritik, es seien doch nicht nur die Leben der Schwarzen, die zählten, müsste es nicht viel eher #AllLivesMatter heißen. Diesem grundsätzlich natürlich korrekten Punkt werden im Netz Beispiele und Analogien entgegengehalten, von denen ich eine vorstellen möchte, die mir sofort eingeleuchtet hat. Wenn dein Haus in Flammen steht und du andere um Hilfe beim Löschen bittest mit den Worten „Mein Haus soll nicht abbrennen“, wird dich keiner verbessern, dass doch wohl niemandes Haus abbrennen solle.
Leider kann man diese Analogie weiterführen. Denn wenn sich die gesamte Dorfbevölkerung um das Löschen eines Hauses kümmert, kann am anderen Ende unbemerkt ein weiteres Haus niederbrennen. Der Lockdown sollte uns vor Corona schützen, hat aber die Situation von Kindern verschlechtert, die Misshandlungen ausgesetzt sind. Wir leben aber in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Es gibt meist Lobbygruppen oder andere Organisationen, die ein speziellen Problem im Blick behalten.
Ein Land, was uns mit seinen Problemen immer wieder aus dem Focus gerät, ist Afghanistan. Als 2015 die weltweiten Flüchtlingsbewegungen auch Zentraleuropa erreichten, sorgte sich die empathische Hälfte Deutschlands um das Schicksal der Syrer. Migranten aus Afghanistan wurden bis in die Corona-Krise hinein abgeschoben.
Nach dem Tode George Floyds reden wir über den handfesten Rassismus, der sich in den USA in Polizeigewalt äußert, und über den etwas feineren aber nicht weniger unangebrachten Rassismus, wie er uns in Deutschland begegnet. Das ist absolut wichtig. Rassismus – genau wie Sexismus und Klassismus – sind weiter verbreitet, als man glauben mag. Es lohnt sich, immer wieder eigene Sicht- und Verhaltensweisen zu hinterfragen.
Und doch scheinen mir Kundgebungen in Deutschland gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt in den USA allzu opportun. Und wieder vergessen wir das Schicksal afghanischer Migranten, die im Iran rassistischen Angriffen ausgesetzt sind. In der letzten Zeit gab es zwei größere Vorfälle, die der europäischen Aufmerksamkeit entgangen sind.
Anfang Mai zwangen iranische Polizisten 50 Afghanen in einen Fluss zu springen. 23 von ihnen sind ertrunken. Und am 3. Juni beschossen Polizisten ein Auto mit 14 Insassen. Das Auto entzündete sich in der Folge des Beschusses und drei Afghanen im Kofferraum verbrannten bei lebendigem Leib. Eine Video-Sequenz, auf dem die Beine eines Opfers aus dem brennenden Kofferraum ragen, verfolgt mich, seitdem ich es einmal gesehen habe. Ich wollte es nicht teilen und habe stattdessen eine künstlerische Bearbeitung erstellt.
Ich bin kein Militärstratege und auch kein Manager innerhalb einer internationalen Hilfsorganisation; aber wir müssen endlich Afghanistan helfen. Es darf nicht weiter unterhalb unseres Radars bleiben. Ein Anfang sind die Hashtags: #AfghanLivesMatter, #StopKillingAfghans, #IBurned
Es gibt eine Online-Petition auf change.org, um die Weltöffentlichkeit in Gestalt der Vereinten Nationen auf die Lage afghanischer Flüchtlinge im Iran aufmerksam zu machen. Um Unterzeichnung wird gebeten.
Drei Artikel, aus denen ich meine Informationen bezogen habe, finden sich auf den folgenden Seiten:
https://www.rferl.org/ – Radio Free Liberty auf Englisch
https://english.alarabiya.net/ – Al Arabiya auf Englisch
https://www.bbc.com/persian/ – BBC auf Persisch
Heute vor 75 Jahren wurde meine Geburtstadt Hildesheim durch US-amerikanische, kanadische und britische Einheiten bombardiert. 824 Menschen sind an diesem Tag ums Leben gekommen und zahlreiche Kulturgüter wurden zerstört. Hildesheim galt bis dahin mit seiner mittelalterlichen Innenstadt als Nürnberg des Nordens.
Direkt nach dem Krieg wurden die Kirchen wieder aufgebaut. Die Holzdecke der evangelisch-lutherischen Kirche St. Michael (siehe Beitragsbild) war vor dem Bombardement ausgelagert worden. Daher ist sie im Original erhalten. Auch der katholische Dom wurde wieder aufgebaut, an desen Rückseite der 1000-jährige Rosenstock, der in der Bombennacht verbrannt war, wieder erblühte. Ein erstes Rosenwunder hatte Kaiser Ludwig den Frommen zum Bau einer Kapelle bewogen, aus der letztendlich der Dom geworden war. Das Überleben des Rosenstocks gilt den Hildesheimern als das zweite Rosenwunder.
Seit 1985 gehören Dom und Michaeliskirche zum UNESCO Weltkulturerbe. Sie sind beide in vorromanischer Zeit vom Bischof Bernward in Auftrag gegeben worden, der ein Schüler des Mainzer Erzbischof Willigis war. Need I say more? Seit den 80ern wurden auch einige weltliche Bauten der Innenstadt rekonstruiert; allen voran das Knochenhaueramtshaus und der Umgestülpte Zuckerhut. Hildesheim ist heute eine schöne Mittelstadt mit rund 100.000 Einwohnern, aus der man ganz gerne stammen kann.
Die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Innenstädte werden nicht nur rechtsaußen kontrovers diskutiert. Ich denke, dass sie zum Ende des Zweiten Weltkriegs notwendig waren. Von deutscher Seite gab es einen unbedingten Kriegswillen, der genauso unbedingt gebrochen werden musste. Die Niederlage musste genauso total sein, wie der Krieg, den Goebbels im Sportpalast verkündet hatte, damit es später nicht zu einer weiteren Dolchstoßlegende kommen würde.
Nun ist Hildesheim aber meine Geburtsstadt und da wären Geburtstage doch ein viel passenderes Thema für einen Blog-Eintrag. Nach den Kirchen ist es wohl angebracht, eine Top-Five-Liste von theologischen Geburtstagskindern des 22. März zu erstellen (in zeitlicher Reihenfolge):
Befiehl du deine Wege
und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege
des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.Dem Herren musst du trauen,
wenn dir’s soll wohlergehn;
auf sein Werk musst du schauen,
wenn dein Werk soll bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen
und mit selbsteigner Pein
lässt Gott sich gar nichts nehmen,
es muss erbeten sein.Dein’ ewge Treu’ und Gnade,
o Vater, weiß und sieht,
was gut sei oder schade
dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen,
das treibst du, starker Held,
und bringst zum Stand und Wesen,
was deinem Rat gefällt.Weg hast du allerwegen,
an Mitteln fehlt dir’s nicht;
dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht;
dein Werk kann niemand hindern,
dein Arbeit darf nicht ruhn,
wenn du, was deinen Kindern
ersprießlich ist, willst tun.Und ob gleich alle Teufel
hier wollten widerstehn,
so wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurücke gehn;
was er sich vorgenommen
und was er haben will,
das muss doch endlich kommen
zu seinem Zweck und Ziel.Hoff, o du arme Seele,
hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle,
da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken;
erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken
die Sonn der schönsten Freud.Auf, auf, gib deinem Schmerze
und Sorgen gute Nacht,
lass fahren, was das Herze
betrübt und traurig macht;
bist du doch nicht Regente,
der alles führen soll,
Gott sitzt im Regimente
und führet alles wohl.Ihn, ihn lass tun und walten,
er ist ein weiser Fürst
und wird sich so verhalten,
dass du dich wundern wirst,
wenn er, wie ihm gebühret,
mit wunderbarem Rat
das Werk hinausgeführet,
das dich bekümmert hat.Er wird zwar eine Weile
mit seinem Trost verziehn
und tun an seinem Teile,
als hätt in seinem Sinn
er deiner sich begeben,
und sollt’st du für und für
in Angst und Nöten schweben,
als frag er nichts nach dir.Wird’s aber sich befinden,
dass du ihm treu verbleibst,
so wird er dich entbinden,
da du’s am mindsten glaubst;
er wird dein Herze lösen
von der so schweren Last,
die du zu keinem Bösen
bisher getragen hast.Wohl dir, du Kind der Treue,
du hast und trägst davon
mit Ruhm und Dankgeschreie
den Sieg und Ehrenkron;
Gott gibt dir selbst die Palmen
in deine rechte Hand,
und du singst Freudenpsalmen
dem, der dein Leid gewandt.Mach End, o Herr, mach Ende
mit aller unsrer Not;
stärk unsre Füß und Hände
und lass bis in den Tod
uns allzeit deiner Pflege
und Treu empfohlen sein,
so gehen unsre Wege
gewiss zum Himmel ein.
Es gibt so besondere Tage, da drängt sich die Geschichte zusammen und man weiß gar nicht mehr, welchen Datums man gedenken soll. Der 9. November ist das wohl prominenteste Beispiel in Deutschland. Aber auch der 18. Januar hat es in sich. Das verlangt nach einer Top-Five-Liste von wichtigen Ereignissen an einem 18. Januar.
Den Geburtstag sucht man sich nicht aus, auch wenn werdende Mütter oft das Gefühl haben mögen, der Nachwuchs versuche, bei dem angekündigten Geburtstermin kurzfristig doch noch mitzureden. Bei manchen historischen Geburtstagen habe ich den Eindruck, dass da zwei aufeinander gewartet haben – mal weil sie so gut zueinander passen und mal eben gerade nicht.
Also eine Top-Five-Liste von jeweils zwei Geburtstagskindern des 18. Dezember und was sie miteinander verbindet bzw. voneinander trennt:
Heute vor 53 Jahren wurde Jimmy Wales geboren, der Vater von Wikipedia. Ich spreche gern von Wikipedia als dem größten friedlichen Menschheitsprojekt, das es je gab. Und bitte: such ein anderes Projekt von dieser Größe und diesem globalen, den Menschen dienenden Ansatz. Ihr werdet nichts Vergleichbares finden.
Ohne Wikipedia fiele es mir auch viel schwerer, meine geliebten Top-Five-Listen zu verfassen, für die ich meist Geburts- oder Todestage berühmter Persönlichkeiten aufstelle. Nun also, zum Geburtstag des Wikipedia-Begründers eine doppelte Top-Five-Liste von geschichtlichen Ereignissen an einem 7. August (inkl. zweier weiterer Geburtstage), in der sich auch der gegenwärtige Zustand unserer Welt spiegelt:
Nun Schluss damit! Und ein Liebesgedicht von Ringelnatz; wie versprochen.
Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mir traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
Leuchtet der Ginster so gut.Vorbei – verjährt –
Doch nimmer vergessen.
Ich reise.
Alles, was lange währt,
Ist leise.Die Zeit entstellt
Alle Lebewesen.
Ein Hund bellt.
Er kann nicht lesen.
Er kann nicht schreiben.
Wir können nicht bleiben.Ich lache.
Die Löcher sind die Hauptsache
An einem Sieb.Ich habe dich so lieb.