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Die besten Bob-Dylan-Alben (oder so)

Gestern war – wie fast jeden Montag – der Gitarrenabend in der VILLA. Gut, eigentlich heißt die Veranstaltung mittlerweile OpenStage, aber ich kann eben kein anderes Instrument als die Gitarre spielen. Reden kann ich noch ganz gut und das habe ich gestern auch getan. In einem Gespräch wurde ich aufgefordert, das beste Bob-Dylan-Album zu nennen. Da war ich erstmal handlungsunfähig. Natürlich höre ich mal das eine oder das andere Album lieber. Gibt es aber wikrlich ein Album, was den Titel verdient hätte, das beste Album zu sein?

Mir fiel Bringing it all Back Home ein, weil das mein erstes Album war. Mr. Tamburine Man hat mich aber schon ziemlich schnell gelangweilt. Jetzt, nach bald dreißig Jahren des Erstkontakts kann ich es langsam wieder hören. Dann gibt es natürlich noch Desire mit One More Cup of Coffee, was ich immer noch sehr gern selbst auf der Gitarre interpretiere. Witzigerweise kannte ich das Lied noch vor Blowing in the Wind, wusste aber nicht, dass es von Dylan  und wer überhaupt dieser Dylan wäre. Ich hörte es von einem älteren Mädchen (sie wird wohl um die 16 gewesen sein) am Lagerfeuer gesungen. So muss man Musik begegnen!

Dann kam mir Pat Garret & Billy the Kid in den Sinn. Da ist immerhin Knocking on Heaven’s Door drauf und außerdem hatte sich mein Gegenüber akademisch und praktisch mit Filmmusik beschäftigt. Aber ein solch unprätenziöses Album kann man niemals das beste Album nennen. Die Streetlegal ist da natürlich noch. Kein Lied auf diesem Album ist dem gemeinen Musikkonsumenten vertraut, aber ich liebe das Album, das mit Bläsern und Tortenchor mal wieder einen Wechsel in Dylans Biografie markierte. Danach die drei christlichen Platten: Slow Train Coming, Shot of Love und Saved. Alle grandios! Aber kann eine von diesen für den ganzen Dylan stehen?

Schließlich darf man die Time out of Mind nicht vergessen. Das bereits der späte Dylan, mit kaputter Stimme und noch mythisch tiefgründigen Liedern. Make You Feel My Love hat Billy Joel, Garth Brooks und Adele zu einigem Erfolg verholfen. Hier findet man das Original. Es ist die Platte eines fast 60-Jährigen, der bereits so viel Erfolg hatte, dass man ihm keinen weiteren mehr zugetraut hätte.

Mit all diesen Gedanken im Kopf sagte ich schließlich, was ich mir selbst niemals zugetraut hätte: Kauf dir einfach eine Best-of! Und während ich heute nun über diesen Eintrag nachdenke, fällt mir auf, dass ich Blood on the Tracks überhaupt nicht erwähnt habe. Wie konnte mir das passieren? Das Album lernte ich selbst erst mit 22 Jahren kennen und hörte die Originalversionen von Liedern, die ich bereits live oder von anderen Interpreten kannte. Das Album war lange Zeit meine liebste CD von allen im Regal. Aber selbst hier muss ich mich wieder fragen: Ist das der ganze Dylan – in a nutshell? Nein.

Zur Lösung biete ich heute an, die Top-Five-Liste der besten regulär erschienenen Live-Alben von Bob Dylan, in zeitlicher Reihenfolge der aufgezeichneten Konzerte. Denn in den unterschiedlichen Versionen seiner mit der Zeit wachsenden Zahl von Klassikern spiegelt sich die musikalische Vielfalt Dylans am besten.

  1. Concert at Philharmonic Hall
    Das Konzert fand am 31. Oktober 1964 in der Philharmonic Hall am Broadway statt. Hier hört man den jungen Folksänger und Protestsongschreiber. Bei vier Liedern wird er von Joan Baez begleitet, die ihm stimmlich deutlich überlegen ist. Drei Monate nach diesem Konzert nahm er Bringing it all Back Home auf und wechselte die akustische Gitarre mit einer elektrischen.
  2. The “Royal Albert Hall” Concert
    Dieses Konzert fan eben nicht in der Royal Albert Hall in London statt, sondern am 17. Mai 1966 in Free Trade Hall in Manchester. Hier hört man ein irritiertes und verärgertes Publikum, welches auf die damals lauteste Band der Welt mit gegenrythmischem Klatschen zu den Liedanfängen reagierte. Berühmt ist der eine Satz, den Dylan vor Like a Rolling Stone seiner Band zuruft: Play Fucking Loud! In der englischen Presse wurde bereits 1966 das Wort Punk auf Bob Dylan und seine elektrifizierten Konzerte mit The Band angewendet.

  3. Before the Flood
    Nach den legendären Konzerten 1966 hatte Bob Dylan einen schweren Motorradunfall. Im Zuge seiner Rekonvaleszenz zog sich Dylan mit The Band nach Woodstock zurück (von dort stammen die Basement Tapes, aber das gehört nicht hier her). Erst 1974 ging er wieder auf Tournee, erneut mit The Band. Die Aufnahmen stammen vom 14. Februar 1974 in Los Angeles. Auch einige Songs von The Band sind mit dabei. Wenn die Stimme des Sängers gar nicht nach Dylan klingen mag, dann ist es Dylan. Sonst singen die Mitglieder von The Band im Wechsel. Im Folgejahr erschien dann mit Blood on the Tracks wieder ein Album in einem neuen Stil.
  4. The Rolling Thunder Revue
    Vom Herbst 1975 bis zum Frühjahr 1976 zog ein verrückter Karnevalszug durch die USA, der neben Musik auch Dichtkunst und politische Botschaften transportierte. Stars wie Joan Baez, Roger McGuinn, Emmylou Harris, Ronee Blakley, Mick Ronson, Sam Shepard und für einzelne Auftritte auch Joni Mitchell, Roberta Flack und Allen Ginsberg sowie Muhammad Ali setzten sich für die Freilassung des zu unrecht verurteilten und inhaftierten Boxers Rubin „Hurricane“ Carter ein. 1976 wurde allerdings der Schuldspruch von 1966 bestätigt. Erst 1985 wurde Rubin Carter vollständig rehabilitiert. Die Aufnahmen der CD entstanden im November und Dezember 1975. In der Winterpause der Tour kam dann das bereits vorab produzierte Studioalbum Desire mit den Liedern der Revue heraus.
  5. At Budokan
    Am 28. Februar und 1. März 1978 wurde die Platte in der Nippon Budokan Hall in Tokio am Anfang einer Welttour aufgenommen. Das ist ungewöhnlich; denn normalerweise wählt man für Aufnahmen ein spätes Datum, damit sich die Tour-Band gut aufeinander einstellen kann. Die Platte ist ein Best-of, allerdings mit sehr geringem Wiedererkennungswert. Das führte zu internationalen Verrissen. Im Rolling Stone hieß es, Dylan habe seine Lieder und sich von den Originalversionen befreit. Das Bild gefällt mir. Wer die Originale will, kann sie ja auflegen. Dylan ist und bleibt aber ein lebender und lebendiger Künstler!

Namenstag von Nathan Söderblom

Heute mögen nicht mehr viele Nathan Söderblom kennen, aber der evangelisch-lutherische Bischof von Uppsala bekam 1930 den Friedensnobelpreis für sein Engagement in der Ökumene. Ein knappes Jahr später, nämlich am 12. Juli 1931 verstarb Söderblom im Nachgang einer Operation mit 65 Jahren.

Söderblom hat auch eine besondere Beziehung zu Leipzig. 1912 wurde in Leipzig das deutschlandweit erste Institut für Religionswissenschaften gegründet. Von der Gründung an bis 1914 hatte Söderblom den Lehrstuhl inne, nachdem er 1901 an der Sorbonne über den Zarathustrismus promoviert hatte und im gleichen Jahr noch eine Porfessur für Religionsgeschichte in Uppsala angetreten hatte. Leipzig verließ er nur, um Erzbischof von Uppsala und somit Oberhaupt der evangelisch-lutherischen Kirche zu werden, die bis 2000 noch schwedische Staatskirche war.

Neben seiner Arbeit als Religionswissenschaftler und staatstragender Theologe fand er auch die Zeit, Kirchenlieder zu dichten. Im schwedischen Gesangbuch sind immer noch einige Texte von ihm zu finden. Ich slebst kenne keinen Text von ihm. Aber einen Satz kennen die deutschen Kirchenmusikliebhaber von Söderblom, selbst ohne sich über die Autorenschaft im Klaren zu sein. Er nannte die Kantaten Johann Sebastian Bachs ein fünftes Evangelium und erhob den Thomaskantor selbst somit zum fünten Evangelisten.

Der deutsche Organist und Komponist Wilhelm Kempff hat dies aus einem Gespräch mit Söderblom 1918 nach Deutschland getragen. Nachzulesen ist dies in seinen 1951 erschienenen Lebenserinnerungen Unter dem Zimbelstern – Das Werden eines Musikers. Manche schreiben dieses Wort auch Albert Schweitzer zu. Das ist natürlich möglich. Mit ihm war Nathan Söderblom übrigens freundschaftlich verbunden. Aber über das Rätseln hätte Schweitzer wohl gesagt, was er ein andermal über Bach gesagt hatte: Hören, spielen, lieben, verehren und das Maul halten!

Im Auftrag des Herrn unterwegs

Heute vor 35 Jahren hatte der Kultfilm Blues Brothers in Chicago Premiere. Ich selbst sah ihn fast genau zehn Jahre später in Peine im Sommer 1990 – aber auch im Kino und nicht von einer schlechten VHS-Kopie auf einem unscharfen Röhrenfernseher. Das war dann das zweite bis zwanzigste Mal der Fall, als ich wiederholt John Belushi und Dan Aykroyd im Auftrag des Herrn und im Kreise einiger Musikgrößen Geld für ein katholischen Waisenhaus sammeln sah.

Ich denke, ich muss hier keine Inhaltangabe schreiebn. Der Film ist wohl den meisten bekannt. Außerdem lebt er nicht unbedingt von der Handlung, sondern von der guten Musik zwischen Bues, Rock und Gospel. Große Stars haben ihre Gastauftritte, einige von der Mehrheit unbemerkt, wie z.B. Frank Oz, der sonst in der Muppet Show Miss Piggy seine Stimme leiht. Andere Gastauftritte sind legendär: Ray Charles, John Lee Hooker, Chaka Khan, Aretha Franklin und – last but not least – James Brown.

Mir gefällt besonders gut, dass die religiösen bzw. kirchlichen Bezüge in diesem Film nicht genutzt werden, um sich über den Glauben zu erheben oder Hohn und Spott über Christen auszuschütten. Die Opferrolle bleibt hier der staatlichen Gewalt vorbehalten. Der Glaube ist vielmehr eine weitere Coolness-Faktor. Zu vergleichen ist der Film in seiner Wirkung an dieser Stelle wohl mit Sister Act.

Eine Reihe von Geburtstagen

Heute hätte mein Neffe Jonas geboren werden sollen. Er ist aber bereits vier Tage auf der Welt. Das finde ich gut! Erstens zeigt es, dass bei der Geburt alles gut gegangen ist, zweitens kann der 15. Juni weiterhin ungeteilt der Geburtstag meines Patenkindes Pauline bleiben.

Wobei man fairer Weise sagen muss, dass niemand einen Tag ganz für sich hat. Schon in einer Gruppe von 23 Personen ist die Wahrscheinlichkeit, dass zwei am gleichen Tag geboren sind, etwas höher als 50 Prozent. Wer das jetzt nicht glaubt, mag Begriffe wie Geburtstagsproblem oder Geburtstagsparadoxon suchen. Das inspiriert mich zu der Top-Five-Liste wichtiger Geburtstage des heutigen Tages (neben meinem Patenkind, selbstverständlich):

  1. Wilhelm Leuschner (1890) kämpfte als Gewerkschafter und Sozialdemokrat gegen den Faschismus. Er war Mitglied des Schattenkabinetts, das von den Widerständlern des 20. Juli 1944 gebildet worden war. Leuschner wurde am 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
  2. Ezer Weizmann (1924) war von 1993 bis 2000 der siebte Präsident des Staates Israel und Sohn des ersten Präsidenten Chaim Weizmann. Ezer Weizmann war aber der erste israelische Präsident, der im Deutschen Bundestag sprach.
  3. Edvard Grieg (1843) ist wohl der bekannteste norwegische Komponist. Sein berühmtestes Werk ist Peer Gynt. Uraufgeführt wurde es am 24. Februar 1876. Der 24. Februar ist mein Geburtstag. Das muss als Rechtfertigung reichen.
  4. Oliver Kahn (1969) ist einer der Torwarte, die in die deutsche Fußballgeschichte eingegangen sind. Dreimal wurde er Welttorhüter des Jahres und als bisher einziger Towart bekam er 2002 die Auszeichnung als bester Spieler der Weltmeisterschaft. Ich schätze ihn, wenn er als Experte die Spiele auswertet. Kahn ist überzeugter Christ. Von ihm stammt der Satz: Das mit dem Fußballgott ist Blödsinn, es gibt nur einen Gott, und der hat mit Fußball nichts zu tun.
  5. Der Dannebrog wurde (1219) zwar nicht geboren. Er ist ja auch kein Mensch, sondern ein Kosename für die Flagge Dänemarks. Nach einer Legende soll sie dem König Waldemar II. in der Schlacht gegen die heidnischen Esten erschienen sein. Der Dannebrog gilt als die älteste Nationalflagge der Welt.

Es passt jetzt nicht zu den oberen Angaben; aber wenn ich es jetzt nicht noch schreibe, platze ich wohlmöglich noch vor Ungeduld. das möchte ich natürlich nicht riskieren. Bei meiner Lektüre in der Wikipedia stieß ich darauf, dass heute auch der Tag ist, an dem Walter Ulbricht seinen berühmten Satz sprach: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.

So, geschafft! Jetzt habe ich das doch noch unterbringen können.

Moschee DE in der Friedenskirche

Gestern war ich mit einem Freund in einer Vorstellung von Moschee DE in der Friedenskirche in Gohlis. Das Stück handelt von dem Moschee-Neubau in Berlin-Heinersdorf, der seit der Baugenehmigung im Frühjahr 2006 bis zu seiner Fertigstellung im Herbst 2008 und darüberhinaus die Anwohner spaltet. Der Journalist Kolja Mensing (taz, Deutschlandradio Kultur) hat gemeinsam mit dem Regisseur (2004 Debütfilm Netto) und Rosa-von-Praunheim-Schülers Robert Thalheim Interviews mit Vertretern der unterschiedlichen Interessensgruppen geführt und deren Aussagen zu fünf Rollen im Theaterstück verdichtet.

Wir begegnen im Stück den fünfeinhalb Personen:

  • der Imam der Ahmadiyya Muslim-Gemeinde
  • der Pfarrer der örtlichen Kirchengemeinde
  • der Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen den Moscheebau
  • eine aus Stuttgart zugezogene Frau
  • ein Konvertit
  • die stumme Braut des Konvertiten

Das Stück besitzt keinen klassischen Spannungsbogen und hat mit seinen 90 Minuten ohne Pause durchaus Längen. Aber das Thema ist gerade in Gohlis besonders wichtig, wo bei einem geplanten Moscheebau der gleichen Muslim-Gemeinschaft ganz ähnliche Prozesse in Gang gesetzt wurden. Für mich verschwammen die Bezüge. In manchen Augenblicken dachte ich, das Stück sei über Leipzig und nicht Berlin geschrieben worden.

Mir hat ein Lied sehr gefallen, welches in der Produktion Verwendung fand: Wonder von Soap&Skin. Als die fünf Handelnden dieses Lied sangen, hatten sie Gelegenehit für ihr Abschlussstatement. Der Titel ist wunderbar gewählt! Und deshalb möchte ich ihn auch gleich hier zitieren:

Moschee DE wurde am 27. Februar 2010 am Schauspielhaus Hannover uraufgeführt. Am 17.05.2015 hatte die Produktion von David Perlbach in Kooperation mit Friedenskirche Leipzig-Gohlis e.V. Premiere. Am 05.06.2015 ist die letzte geplante Vorstellung.

Links
moschee-de.org
friedenskirche-gohlis.de
ahmadiyya.de Website der Moschee-Gemeinde in Berlin

Joni Mitchell

Zum 1. Mai müsste ich ja eigentlich etwas über mein linkes Herz schreiben, aber das linkische Herz ist gerade eher mein Thema. Die frühe Joni Mitchell steht für mich an dieser Schwelle vom politischen Singer & Songwriter zum persönlichen. Ihr Album Blue aus dem Jahr 1971 handelt von verschiedenen Phasen der Liebe. Wer mich besser kennt, weiß, wie sehr ich Joni Mitchell verehre.

Am 31. März 2015 wurde Joni Mitchell in ihrer Wohnung in Kalifornien bewusstlos gefunden. Seitdem ist sie im Krankenhaus. Sie soll auf dem Weg der Besserung sein. Wer ihr Genesungswünsche schicken möchte, kann über Facebook oder Twitter mit dem Hashtag #WeLoveYouJoni etwas posten, was dann auf der Website weloveyoujoni.com zu sehen sein wird.

Studenten des privaten Berklee College of Music in Boston haben zwei Lieder von Joni Mitchell für das birn (Berklee Internet Radio Network) eingespielt. Ich mag die Aufnahme (s.u.), vor allem weil die Musiker nicht versuchen, Joni Mitchell zu kopieren. Über Einzelheiten der Interpretation kann man dann natürlich diskutieren.

In Berklee machte übrigens Melissa Etheridge 1980 Abschluss. Aimee Mann brach ungefähr zur selben Zeit ihr Studium ab und macht seitdem trotzdem gute Musik. Qunicy Jones verließ bereits 1951 Berklee ohne einen Abschluss.

https://www.youtube.com/watch?v=7_e8lXyst74

Links
weloveyoujoni.com
jonimitchell.com
thebirn.com

Earth Day 2015

Seit 25 Jahren wird am 22. April international der Earth Day gefeiert. Die Geschichte um diesen Tag ist tatsächlich noch ein bisschen länger. Der 2012 verstorbene Friedensaktivist John McConnell schlug bereits 1969 bei einer UNESCO-Konferenz vor, einen Tag im Jahr der Erde und dem Frieden zu widmen. Mittlerweile ist dieser Tag recht gut verankert – in den Kalendern, die sich mit Namens- und Gedenktagen beschäftigen. Unsere Aufmerksamkeit bezüglich dieser zwei lebenswichtigen Themen braucht allerdings weiteren und eben wiederholten Anstoß.

Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts stärkte die Raumfahrt auch in der breiten Bevölkerung das Bewusstsein für die Erde als eine Gesamtheit. Bekannt ist in diesem Zusammenhang ein Foto unseres Planeten, welches während der Apollo-17-Mission am 7. Dezember 1972 aufgenommen wurde. Es zeigt die Antarktis und Afrika mit der Arabischen Halbinsel. Dieses Bild ist als Blue Marble in das kollektive ikonografische Gedächtnis der Menschheit eingegangen. John McConnell schlug vor, dieses Bild als Erdflagge zu nutzen.

Die NASA verneigte sich 2014 vor dem Earth Day mit einem Global Selfie, das wie viele Veröffentlichungen der NASA zur allgemeinen nicht-kommerziellen Verwendung freigegeben ist. Daher möchte ich es hier auch zeigen:

NASA-14147-EarthDay20140422-GlobalSelfie-20140522
Global Selfie der NASA zum Earth Day am 22.04.2014

In diesem Jahr ist der konkrete Schwerpunkt des Earth Day auf das rückstandslose Recycling gelegt. Unter dem Motto „Cradle to Cradle – Nie wieder Müll. Heute Abfall, morgen Nährstoff.“ soll der industrielle Mensch wieder Eingang in den Zyklus finden, der ohne ihn so gut funktioniert.

Den Earth Song schrieb Michael Jackson übrigens nicht für diesen Gedenktag. Er hatte den World Environment Day im Sinn, als er sich die Seele aus dem Leib schrie. In Deutschland begeht auch diesen unter dem Namen Tag der Umwelt am 5. Juni jeden Jahres. Aber ich glaube, auch heute darf man Michael Jackson hören.

Der Kommandant von Apollo 17 Eugene Cernan, der auch als der letzte Mensch auf dem Mond bekannt werden sollte, hat seine Erinnerungen an die zahlreichen Einsätze bis hin zum Mondflug in Interviews und Büchern geteilt.  Aus diesen Erinnerungen haben Paul und Ralph Colwell gemeinsam mit Herbert Allen das Lied Moon Rider geschrieben, das bei den Musik-Shows von Up with People aufgeführt wird. Up with People ist eine 1965 in den USA gegründete Non-Profit-Organisation, die Jugendliche und junge Erwachsene mit einer Musik-Show um die Welt schickt in dem Gedanken, dass Menschen, die sich privat kennengelernt haben, keine Kriege mehr gegeneinander führen werden.

Es muss Ende der 80er Jahre gewesen sein, dass Up with People auch in meiner Heimatstadt Peine zu Gast waren. Wir nahmen einen der Sänger als Gast auf, und ich besuchte die Show zweimal. Das Lied Moon Rider hat mich besonders fasziniert. Ich habe noch das Songbook von der Tour mit den Unterschriften der Sängerinnen und Sänger darin. Ab und zu spiele ich Moon Rider, doch die Qualität des oben eingebetteten YouTube-Videos verfehle ich deutlich.

 

Links
earthday.de
earthday.org
nasa.gov
upwithpeople.org

Public Radio Exchange

Eine kleine Meldung über eine großartige Entdeckung: PRX – Public Radio Exchange.

Eine Mischung aus Podcast und Bürgerradio, das viele Themen behandelt, zu viele, um sie hier nun alle aufzuzählen. Aufmerksam wurde ich auf die Website durch ein zweistündiges Radiofeature über Joni Mitchell. Dann entdeckte ich noch einmal zwei Stunden über meine Lieblings-Dylan-Platte Blood on the Tracks. Beide Feature sind von Paul Ingles, den ich vorher nicht kannte und jetzt gut finde.

So oder so, mit dieser Seite kann man auf hervorragende Art seine Zeit verschwenden.

Links
beta.prx.org – Public Radio Exchange
beta.prx.org/stories/23531The Emergence of Joni Mitchell
beta.prx.org/stories/136715Right on Target, So Direct: Bob Dylan’s „Blood on the Tracks“

Jesus-Filme

Jesus Christus aus Nazaret ist nicht nur die zentrale und namensgebende Person des Christentums, er ist auch als literarische Person von kaum zu überschätzender Bedeutung. Dann ist es wohl nur folgerichtig, dass sich das Kino ebenfalls und bereits seit seinen Anfängen mit Jesus auseinandersetzt.

Zum Karfreitag möchte ich daher eine Top-Five-Liste erstellen mit Jesus-Filmen, die mir viel bedeuten, die mich nicht nur einmal, sondern immer wieder stark ergreifen. Da ich aus einer so übergroßen Fülle schöpfen kann/muss, möchte ich die Auswahl noch vorher etwas einschränken.

Nicht zur Wahl stehen Filme, in denen Jesus nur eine Nebenrolle oder einen kurzen Gastauftritt hat, wie z.B. Ben Hur, Das Gewand oder auch Das Leben des Brian, der im Übrigen keine Verballhornung Jesu ist, sondern seiner und anderer übereifrigen Nachfolger. Ich kann ein gläubiger Christ sein und diesen Film mögen. Trotzdem kommt er nun nicht in meine Top-Five-Liste. Fernsehserien lasse ich grundsätzlich weg, so dass Southpark bereits aus zwei Gründen nicht aufgeführt sein wird.

Auch Endzeitfilme lasse ich raus. Der wiederkehrende Christus wie ihn Jürgen Prochnow in Das siebte Zeichen spielt, ist selbstverständlich auch ein interessanter Betrachtungsgegenstand. In der heutigen Liste zum Karfreitag soll aber die Passion im Mittelpunkt stehen. Das Leiden, die Kreuzigung also der Opfertod Jesu für die Sünden der Menschheit muss im Film thematisiert sein, damit er hier Aufnahme finden kann.

  1. Das 1. Evangelium – Matthäus (1964 von Pier Paolo Pasolini)
    Als der atheistische, sozialistische und homosexuelle Pasolini das Leben Jesu verfilmte, waren viele Kreise aus unterschiedlichen Gründen verwundert, skeptisch und brüskiert. Doch der späte italienische Neorealist zeigt mit dem Laiendarsteller Enrique Irazoqui als Jesus einen Kämpfer für die sozial Benachteiligten, „sanft im Herzen, aber nie im Denken“. Nach einer Vorführung im Vatikan soll der Applaus 40 Minuten angedauert haben. Unter dem Kreuz sieht man Pasolinis Mutter als Maria.
  2. Die Passion Christi (2004 von Mel Gibson)
    Ich möchte sofort und entschieden drauf hinweisen, dass ich mit der Aufnahme dieses Films in meine Liste keine Aussage über die Qualität anderer Filme von und mit Mel Gibson  treffe. Auch seine persönlichen Aussagen sollen hier nicht zur Diskusson stehen. Die Passion Christi aber ist ein Meisterwerk! Unsynchronisiert erleben wir die letzten Tage Jesus auf Latein, Aramäisch und Hebräisch. Dem Film wird vorgeworfen,  Gewaltexzess und Blutorgie zu sein. Das Gesicht James Caviezels ist fast den gesamten Film über blutig und nach der Geißelung ist sein Rücken so zerfurcht, dass man kaum noch Haut erkennen kann. Dem möchte ich aber entgegen halten, dass Jesus tatsächlich gefoltert wurde und für die Sünden der Welt gestorben ist. Wenn uns beim Zuschauen ein wenig mulmig wird, ist das wohl ein vergleichsweise niedriger Preis. Gibson verneigt sich übrigens still vor Pasolini, indem er seinen Film im süditalienischen Matera dreht, welches auch schon 1964 als Kulisse diente.
  3. Die letzte Versuchung Christi (1988 von Martin Scorsese)
    Der dritte Film in der Reihe und der dritte Film mit einem italienischen Bezug, zumindest was die Wurzeln des Regisseurs angeht. Die literarische Vorlage lieferte 1951 der griechische Autor Nikos Kazantzakis, der auch für Alexis Sorbas verantwortlich zeichnet. Walter Jens nannte es ein interessantes und problematisches Buch. Papst Pius XII. setzte 1954 den Roman auf den Index der verbotenen Bücher. Mit der Musik von Peter Gabriel unterlegt sehen wir einen von Willem Dafoe gespielten Jesus, der als Zimmermann Kreuze für die Römer fertigt. Er zweifelt an seiner Berufung nimmt sie aber letztendlich doch an. Am Kreuz erscheint ihm ein vermeintlicher Engel, der ihm vom Kreuz hilft. Jesus heiratet Maria Magdalena und erlebt als alter Mann die Zerstörung Jerusalems. In einer Konfrontation seiner ehemaligen Jünger erkennt er, dass er am Kreuz hätte sterben müssen. Er erwacht, erneut am Kreuz hängend, und nimmt den Opfertod auf sich.
  4. Jesus Christ Superstar (1973 von Norman Jewison)
    Andrew Lloyd Webber ist bekannt für viele erfolgreiche Musicals. Tim Rice lieferte in den ersten Jahren das Libretto, so auch 1970 für Jesus Christ Superstar. Der kanadische Regisseur Jewison, von dem ich auch In der Hitze der Nacht von 1967 und Hurricane von 1999 sehr schätze, kommt in meiner Liste den Originalschauplätzen am nächsten. Er drehte in der Negev-Wüste in Israel. Allerdings nutzt er einen Verfremdungseffekt: Die Darsteller sind eine Hippie-Kommune, die zu Beginn mit einem Bus anreisen und mit teilweise hanebüchenen Requisiten (Maschinenpistolen, Stahlhelme, Regenschirme etc.) die Passion nachspielen. Auch Bezüge zur Zeitgeschichte (Panzer, Düsenjäger) fehlen nicht. Ted Neely spielt den von seiner Rolle auch immer mal überforderten Jesusdarsteller.
  5. Jesus von Montreal (1989 von Denys Arcand)
    Mit dem fünften Film dehne ich meine eigenen Vorgaben. Nach Jesus Christ Superstar ist aber der Schritt nicht mehr ganz so groß. Lothaire Bluteau spielt Daniel Coulombe. Daniel ist der Jesusdarsteller einer Passionsspielgruppe in Montreal. Im Laufe eines Handgemenges mit Polizei und Zuschauern stürzt der ans Kreuz gebundene Daniel. Ohne ärztliche Versorgung verlässt er das Krankenhaus. An seiner Sprache und seinem Verhalten wird ersichtlich, dass er die Jesusrolle vollständig verinnerlicht hat. In einer U-Bahn-Station bricht er zusammen und wird in ein jüdisches Krankenhaus gebracht, wo nur noch der Hirntod festgestellt werden kann. Sein Herz und seine Augen werden ihm als Organspende entnommen. Die anderen Schauspieler gründen nach seiner Beerdigung ihm zu Ehren eine neue Schauspielgruppe.