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Sinéad O’Connor ist tot

Gestern habe ich erfahren, dass Sinéad O’Connor verstorben ist. Die irische Sängerin und Songwriterin wurde 56 Jahre alt. In den letzten Jahren war sie von den großen Bühnen verschwunden. Sie war aber die gesamte Zeit künstlerisch aktiv. 1990 durfte ich sie in Berlin bei Roger Waters’ The Wall live erleben.

Ihre Stimme wird nicht nur musikalisch fehlen. Sinéad O’Connor war auch politisch eine wichtige Akteurin. Sie gehörte zu den ersten Großen, die auf den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche hinwies. Als sie ein 1992 im US-amerikanischen Fernsehen ein Bild von Papst Johannes Paul II. zerriss, wollte kaum einer die Botschaft hören. Man echauffierte sich lieber über ihre brutale Geste. Ein Bild zu zerreißen, sei ja quasi ein symbolischer Mord. Nun, heute blicken wir auf die Missbrauchsskandale der Kirchen mit anderen Augen und O’Connor war wohl eher eine Pionieren, ihrer Zeit weit voraus.

Auch zum Nordirland-Konflikt und zu Israel-Palästina, zu Frauenrechten und religiösen Fragen äußerte sich Sinéad O’Connor immer wieder offen und kontrovers. Außerdem machte sie aus ihren eigenen psychischen Problemen keinen Hehl, die wohl in ihrer problematischen Kindheit begründet sind.

Im Guardian wurde sie in einem etwas verunglückten Nachruf ein One-Hit-Wonder genannt. Dem möchte ich entschieden widersprechen. Selbstverständlich ist ihr großer Nummer-1-Hit Nothing Compares 2 U ein singulärer Erfolg; aber nicht jeder, der in der Rolling-Stone-Liste der 500 besten Songs aller Zeiten (2021) nur einmal genannt wird, ist ein One-Hit-Wonder.

Wiederholt konnte man Singles und Alben der Musikerin in den Top-100 finden. Größerer kommerzieller Erfolg, den sie auch nicht unbedingt erstrebte, wurde von manchen Unternehmen auch zu verhindern versucht, weil ihnen O’Connors politische Ansichten nicht passten.

Ich möchte die Verstorbene während meines England-Urlaubs ehren, indem ich eine Top-Five-Liste erstelle mit Songs, die mir viel bedeuten. Auf Nothing Compares 2 U habe ich in dieser Liste bewusst verzichtet. Auch ihr drittes Album Am I Not Your Girl? von 1992 habe ich nicht in der Liste, weil ich mich schlicht nicht entscheiden konnte, welches Lied ich hätte wählen wollen.

  • This IS a Rebel Song – Auf der EP Gospel Oak von 1997 sind sechs wirklich gute Lieder, die schön und ergreifend von ihren Baustellen berichten. Hier ist es vor allem der Konflikt zwischen Irland und England.
  • Silent Night – Ihr legendäres zweites Album von 1990 wurde 2009 noch einmal mit einer Bonus-CD veröffentlicht. Auf ihr findet sich das bekannte Weihnachtslied, das durch O’Connors Stimme aus dem Kitsch-Sumpf wieder empor gehoben wird in astrale Sphären.
  • Troy – Von ihrem ersten Album The Lion and the Cobra von 1987 war dies die erste Single-Auskopplung. Inspiriert ist das Lied vom Gedicht No Second Troy von W. B. Yeats und es zeigt gleich, was wir von Sinéad O’Connor in den folgenden Jahren gesanglich würden erwarten können.
  • I Don’t Know How To Love Him – Auf der Doppel-CD Theology, 2007 in Dublin und London aufgenommen, findet sich dieser Song, den Maria Magdalena im Musical Jesus Christ Superstar singt. Mit O’Connors Stimme höre ich ihn noch ein wenig lieber.
  • Red Football – Ihr viertes Album Universal Mother von 1994 ist für mich wieder eines, gefüllt mit wunderbarem Hit-Material. Zu dieser Zeit hatten sich schon viele von dieser schwierigen Frau abgewendet. Hier singt sie: Mein Herz ist kein roter Fußball, den man durch den Garten kickt.

Rest in Peace, Sinéad O’Connor!

Namenstag des Hl. Patrick von Irland

Wie bei vielen Heiligen der ersten Jahrhunderte ist über den Hl. Patrick kaum Gesichertes überliefert. Er soll zwischen 385 und 461 gelebt haben. Wahrscheinlich war er ein Sohn eines in Britannien stationierten Römers, der bereits ein Christ war. Mit 16 Jahren soll er von Seeräubern nach Irland verschleppt worden sein, wo er als Sklave verkauft seine Jugend über Schafe hüten musste, bis ihm die Flucht nach Frankreich und dort in ein Kloster gelang. Später als ausgebildeter Geistlicher kehrte er zur Mission nach Irland zurück.

Durch ein Gebet allein soll der Hl. Patrick sämtliche Schlangen von der Insel vertrieben haben. Dies gleicht wohl aber eher dem alten Witz vom Holzfäller, der seine Ausbildung in der Sahara absolvierte und auf die Anmerkung, dass es da doch keine Bäume gebe, erwiderte: „Ja, jetzt nicht mehr.“ Bereits seit der letzten Eiszeit sind keine Schlangen auf Irland nachweisbar.

Noch bekannter als die Geschichte von den Schlangen ist jedoch die vom dreiblättrigen Kleeblatt – Shamrock genannt. Der Hl. Patrick nahm das Kleeblatt, um die Dreifaltigkeit Gottes zu erklären: ein Blatt, das aus drei Blättern besteht. So haben Christen auch nur einen Gott, der sich aber in drei Gestalten zu erkennen gibt: als Vater, als Sohn und als Heiliger Geist. Dass diese drei eins sind, ist wichtig, um dem Vorwurf des Polytheismus zu entkräften. Im Islam ist dies der wohl größte Kritikpunkt am Christentum. Dieser Umstand basiert allerdings auf einem Missverständnis und hat mit dem Hl. Patrick nichts zu tun.

Der Hl. Patrick gehört heute zu den bekannteren Heiligen. Allerdings nicht, weil so viele Menschen die Legenden um ihn kennen würden, sondern nur, weil er der Schutzheilige Irlands ist und Exiliren in der ganzen Welt den Saint Patrick Day bekannt gemacht haben. Heute wird er auch von vielen Nichtiren feierlich begangen. Zumindest nutzen die Irish Pubs in den deutschen Großstädten den Tag, um ihre Kundschaft grün anzumalen, Guinness Beer und Irish Whiskey zu verkaufen.

Der irish-katholische Moraltheologe Denis Vincent Twomey sprach sich 2007 im The Irish Independent gegen die bestehenden Festtagstraditionen aus und sagte, es sei an der Zeit, den Saint Patrick’s Day wieder als einen kirchlichen Feiertag zu beanspruchen. Die alkoholgetriebenen Ausschweifungen sollten einer frommeren [und familientauglicheren] Freude weichen. Ich persönlich stimme ihm mit dem Hinweis zu, dass er sich – ganz echter Ire – nicht absolut gegen den Alkohol ausspricht. Der Artikel im März 2007 war betitelt: More piety, fewer pints ‚best way to celebrate‘