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Die Welt im Spiegel historischer Ereignisse

Ich bin sicher nicht der einzige, der sich in den letzten Jahren des Gefühls nicht erwehren kann, die Welt sei wachsend in Unordnung geraten. Andererseits kann ich auch wirklich kein Goldenes Zeitalter benennen, zu dem es tatsächlich besser gewesen wäre.

Heute vor 176 Jahren brachte Charles Dickens A Christmas Carol heraus. Da wird ein hartherziger Geschäftsmann von drei Geistern heimgesucht, was in ihm ein Umdenken in Bezug auf seine Mitmenschen auslöst. Es ist bis heute eine sehr beliebte Weihnachtsgeschichte. Auch die Muppets haben sie 1992 mit Michael Caine in der Hauptrolle als Ebenezer Scrooge verfilmt. Tatsächlich ist es aber jenseits von Festtagskitsch ein ernsthaftes sozialkritisches Werk.

Lassen wir uns nun vom Geist der vergangenen Ereignisse eine Top-Five-Liste von Jahrestagen des 19. Dezember präsentieren, die im Geiste der Gegenwart vielleicht ein wenig auf die Zukunft hoffen lassen:

  • 1783William Pitt der Jüngere (1759–1806) wird mit 24 Jahren zum bisher jüngsten Premierminister der Geschichte Großbritanniens ernannt. Bereits im Folgejahr wurde das Parlament aufgelöst. Bei Neuwahlen wurde Pitt mit großer Mehrheit gewählt. Er war ein großartiger Redner, Kämpfer gegen den Sklavenhandel und schlau genug, sich von Adam Smith beraten zu lassen. Seine letzten Worte waren: Oh my country!
  • 1924Fritz Haarmann (1879–1925) wird wegen Mordes von insgesamt 24 Jungen und jungen Männern zum Tode verurteilt. Seine Opfer sind auf dem Friedhof in Hannover Stöcken beigesetzt. Götz George spielte 1995 den Werwolf von Hannover im Film Der Totmacher.
  • 1936Thomas Mann wird die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn aberkannt, nachdem er bereits ausgebürgert worden war. Sie war ihm 1919 verliehen worden, bereits 10 Jahre vor dem Nobelpreis für Literatur.
  • 1969 – Der Film Easy Rider kommt in die deutschen Kinos, nachdem er bereits im Frühjahr bei den Filmfestspielen in Cannes Premiere hatte.
  • 1972 – Landen mit dem Team der Apollo-17-Mission die bisher letzten Menschen, die auf dem Mond waren. Sie ließen u.a. ein Mondauto auf dem Trabanten zurück.

Das Geburtstagsparadoxon

Heute haben vier Menschen aus meinem Freundeskreis Geburtstag. Das ist eine ganze Menge. Zwei davon waren sogar einige Zeit miteinander verheiratet. Tatsächlich findet man in Gruppen über 23 Personen mit einer Chance von über 50 % zwei, die am gleichen Tag Geburtstag haben. Das lässt sich mathematisch herleiten, ist aber doch so überraschend, dass man diesen Umstand Geburtstagsparadoxon getauft hat.

Da nun aber – bei aller Häufung – vier Personen nicht für eine Top-Five-Liste reichen, und ich schon allein zur Wahrung der Privatsphäre der Vier nicht ins Detail gehen würde, weiche ich auf berühmte Personen aus, die am 17. März geboren wurden (in zeitlicher Reihenfolge):

  • John B. Sebastian (*1944) – Singer/Songwriter und Woodstockveteran; mit seiner Band Lovin‘ Spoonfull nahm er Welthits wie Summer in the City und Daydream auf.
  • John Wayne Gacy (1942–1994) – US-amerikanischer Serienmörder, der 33 junge Männer vergewaltigte und ermordete. Für seine Strafe (21-mal lebenslänglich und 12-mal Tod) erhielt er sogar einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde. Er war als Pogo der Clown bekannt und ist wohl an der heutigen Angst vor Horrorclowns nicht ganz unschuldig.
  • Rudolf Chametowitsch Nurejew (1938–1993) – Ballett-Legende und frühes AIDS-Opfer. Seit Nurejew sind männliche Tänzer nicht nur dazu da, die Ballerina aufzufangen. Ballett wurde durch ihn Popkultur.
  • James Benson Irwin (1930–1991) – Astronaut der Apollo-15-Mission war der achte Mann auf dem Mond. Um ihm einen ersten Platz einzuräumen: er war der erste, der von einem Kollegen mit einem Mondfahrzeug herumgefahren wurde. Später wurde Irwin ein Prediger und forschte nach Überresten der Arche in der Nähe des türkischen BErges Ararat.
  • Siegfried Lenz (1926–2014) – Wichtiger Erzähler der Nachkriegszeit; Deutschstunde und die Sammlung von Erzählungen So zärtlich war Suleyken kommen mir in den Sinn. Später wurden seine Texte seichter.

Apollo_15_Lunar_Rover_and_Irwin

Link
http://www.im-chaos-daheim.de/geburtstag.php – Zum Berechnen der Wahrscheinlichkeit von gemeinsamen Geburtstagen in einer Gruppe

Weltrotkreuz- und Rothalbmondtag

Heute vor 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Dass auch Deutschland befreit und nicht nur besiegt wurde, ist seit Richard von Weizsäckers Rede zum 40-jährigen Kriegsende 1985 wohl doch common sense. Tatsächlich ist mir das Thema heute zu groß, um mich darüber auszubreiten. Stattdessen möchte ich das Augenmerk auf eine Merkwürdigkeit am Rande eines anderen Gedenktages lenken, der heute ebenfalls begangen wird – den Weltrotkreuztag.

Heute ist der Geburtstag von Henry Dunant (1828–1910), geistiger Vater der Genfer Konvetion (1864) und Begründer des Internationalen Kommitees vom Roten Kreuz (1876). Für sein philanthropisches Lebenswerk erhielt Dunant 1901 den ersten Friedensnobelpreis. Bereits 1938 wurde entschieden, dass der Geburtstag Henry Dunants ein offizieller Gedenk- und Feiertag der Internationalen Bewegung sein solle. Der Zweite Weltkrieg unterbrach diesen Plan. 1948 konnte schließlich zum ersten Mal gefeiert werden. Seit 1984 unter dem Namen Weltrotkreuz- und Rothalbmondtag.

Heute ist das Internationale Kommitee unter dem Leidspruch Per Humanitatem ad Pacem (Durch Menschlichkeit zum Frieden) sieben Grundsätzen verpflichtet:

  • Menschlichkeit (Humanity, Humanité)
  • Unparteilichkeit (Impartiality, Impartialité)
  • Neutralität (Neutrality, Neutralité)
  • Unabhängigkeit (Independence, Indépendance)
  • Freiwilligkeit (Voluntary Service, Volontariat)
  • Einheit (Unity, Unité)
  • Universalität (Universality, Universalité).

Der Internationalität wegen möchte ich die Bewegung, die hinter dem heutigen Tage steht, gerne noch einmal dreisprachig vorstellen:

Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung
International Red Cross and Red Crescent Movement
Mouvement international de la Croix-Rouge et du Croissant-Rouge

The official emblem of the IFRC


Das Rote Kreuz auf der Flagge ist nicht direkt durch das christliche Kreuz motiviert. Es ist die Inversion der Schweizer Flagge. Die Schweiz ist – mit nur geringfügigen Unterbrechungen – bereits seit 1647 der Neutralität verpflichtet. Als Europäer mag man sich kein besseres Zeichen für eine Hilfsorganisation denken. Da aber in den überwiegend moslemischen Ländern das Kreuz nicht erwünscht war, wurde der Rote Halbmond geschaffen.

Es gibt weitere offizielle und inoffizielle Symbole von Hilforganisationen, die aus der jeweils vorherrschenden Religion des Landes abgeleitet wurden, z.B. der Rote Davidstern oder (nicht als Teil der internationalen Organisation) die Rote Swastika. Es gibt auch den Vorschlag, eine Raute als neutrales Symbol übergreifend zu verwenden und sie  Roter Kristall (Red Crystal, Cristal Rouge) zu nennen. In allen drei Sprachen bliebe die Abkürzung RK (bzw. RC, CR) zum alten Namen erhalten.

Mit dem Kreuz habe ich keine Probleme, nicht als religiöses Symbol und auch nicht als invertiertes Schweizer Kreuz. Aber mit dem Halbmond tue ich mich schwer. Nicht des Bezugs zum Islam wegen, sondern weil es schlicht und einfach kein Halbmond ist. Das muss doch mal jemandem aufgefallen sein. Sicherheitshalber habe ich ein Bild gezeichnet, welches Vollmond, Halbmond und eine Mondsichel zu unterscheiden hilft.

Vollmond, Halbmond, MondsichelEs müsste also korrekt Rote Mondsichel heißen. Aber wie ist es mit den anderen beiden Sprachen, Englisch und Französisch? Die Mondsichel heißt im Englischen crescent und im Französischen croissant. Beide Wörter stammen vom Lateinischen crescere für wachsen, entstehen. Und das ist auch wieder falsch; denn die Mondsichel des Roten Halbmonds ist ein abnehmender Mond.

Christian Morgenstern hat in seinen Galgenliedern mit dem Gedicht Der Mond den deutschen Schülern eine Merkhilfe für den Astronomieunterricht geschenkt:

Als Gott den lieben Mond erschuf,
gab er ihm folgenden Beruf:

Beim Zu- sowohl wie beim Abnehmen
sich deutschen Lesern zu bequemen,

ein a formierend und ein z
daß keiner groß zu denken hätt’.

Befolgend dies ward der Trabant
ein völlig deutscher Gegenstand.

Damit dieses Gedicht als Merkhilfe funktioniert, muss man das Z allerdings auf alte Weise schreiben. Auch dafür habe ich eine kleine klärende Grafik angefertigt:

abnehmender und zunehmender MondIn der Musik kennen wir anschwellende Töne (crescendo) und abschwellende Töne (decrescendo). Im Englischen spricht man aber von einem waxing oder increasing crescent (zunehmende Mondsichel) und einem waning oder decreasing crescent (abnehmende Mondsichel). Man ahnt bereits, dass increase die gleiche etymologische Wurzel hat wie crescent, was die Formulierung noch aberwitziger macht. In der Heraldik, so lese ich, unterscheidet man auf Englisch auch increscent und decrescent. Aber der Rote Halbmond ist als Symbol doch Gegenstand der Heraldik.

Den Franzosen muss ich bei ihrer Inkorrektheit doch eines zugutehalten: Wenn ich Croissants esse, egal in welcher Ausrichtung sie auf dem Teller liegen, verschwinden diese ziemlich schnell, aber ich werde ein Zunehmender.