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200 Jahre Night Before Christmas

Heute vor 200 Jahren, am 23. Dezember 1823 erschien in der Zeitung Troy Sentinel (im Staat New York) anonym das Gedicht A Visit from St. Nicholas, auch bekannt unter dem Namen The Night Before Christmas, auf dessen Autorenschaft später sowohl Clement Clarke Moore (1779–1863) als auch Henry Livingston, Jr. (1748–1828) Anspruch erhoben. Es geht wie folgt:

‚Twas the night before Christmas, when all thro‘ the house
Not a creature was stirring, not even a mouse;
The stockings were hung by the chimney with care,
In hopes that St. Nicholas soon would be there;
The children were nestled all snug in their beds,
While visions of sugar plums danc’d in their heads,
And Mama in her ‚kerchief, and I in my cap,
Had just settled our brains for a long winter’s nap —
When out on the lawn there arose such a clatter,
I sprang from the bed to see what was the matter.
Away to the window I flew like a flash,
Tore open the shutters, and threw up the sash.
The moon on the breast of the new fallen snow,
Gave the lustre of mid-day to objects below;
When, what to my wondering eyes should appear,
But a miniature sleigh, and eight tiny rein-deer,
With a little old driver, so lively and quick,
I knew in a moment it must be St. Nick.
More rapid than eagles his coursers they came,
And he whistled, and shouted, and call’d them by name:
»Now! Dasher, now! Dancer, now! Prancer and Vixen,
On! Comet, on! Cupid, on! Donder and Blitzen;
To the top of the porch! To the top of the wall!
Now dash away! Dash away! Dash away all!«
As dry leaves before the wild hurricane fly,
When they meet with an obstacle, mount to the sky;
So up to the house-top the coursers they flew,
With the sleigh full of toys — and St. Nicholas too:
And then in a twinkling, I heard on the roof
The prancing and pawing of each little hoof.
As I drew in my head, and was turning around,
Down the chimney St. Nicholas came with a bound:
He was dress’d all in fur, from his head to his foot,
And his clothes were all tarnish’d with ashes and soot;
A bundle of toys was flung on his back,
And he look’d like a peddler just opening his pack:
His eyes — how they twinkled! His dimples: how merry,
His cheeks were like roses, his nose like a cherry;
His droll little mouth was drawn up like a bow,
And the beard of his chin was as white as the snow;
The stump of a pipe he held tight in his teeth,
And the smoke it encircled his head like a wreath.
He had a broad face, and a little round belly
That shook when he laugh’d, like a bowl full of jelly:
He was chubby and plump, a right jolly old elf,
And I laugh’d when I saw him in spite of myself;
A wink of his eye and a twist of his head
Soon gave me to know I had nothing to dread.
He spoke not a word, but went straight to his work,
And fill’d all the stockings; then turn’d with a jerk,
And laying his finger aside of his nose
And giving a nod, up the chimney he rose.
He sprung to his sleigh, to his team gave a whistle,
And away they all flew, like the down of a thistle:
But I heard him exclaim, ere he drove out of sight —
Happy Christmas to all, and to all a good night.

Anonym

Ich habe mich vor einigen Jahren an eine Übersetzung gewagt, die ich hier gern anfüge.

‚Swar der Heilige Abend, und im ganzen Haus
Rührte sich niemand, nicht einmal ’ne Maus;
Die Socken war’n gut am Kamin angebracht,
Sankt Niklas, der mocht‘ sie nun füll’n über Nacht;
Es träumten die Kinder warm zugedeckt
Den Reigen von Dörrobst und süßem Konfekt,
Die Mutter mit Kopftuch, mit Schlafmütze ich
Wir schliefen genauso tief winterlich –
Dann plötzlich da draußen ein lautes Getöse;
Ich sprang auf, zu sehen, wer solches auslöse.
Mir glückte blitzschnell hin zum Fenster zu eilen,
Und dieses zu öffnen, die Läden zu teilen.
Das Mondlicht im Schnee auf der Fensterbank:
Ein taghelles Funkeln, in das alles versank,
Misstrauend den Augen erkannte ich dann,
Acht Rentiere zogen ’nen Schlitten heran.
Ein alter und lebhafter Kutscher darauf,
Der sah mir doch recht nach Sankt Nikolaus aus.
Sie waren ganz wie die Adler geschwind,
Ich hörte die Rufe der Namen im Wind:
»Nun, Flitzer! Nun, Tänzer! Du Stolzer, du Füchsin,
Los, Komet und Amor! Los, Donner und Blitzen!
Auf das Dach der Veranda, gleich aufs Dach vom Haus!
Los weiter, noch weiter! Holt alles heraus!
«
Wie trockenes Laub im Winde aufweht,
Dieser Zug jedem Stein aus dem Wege geht.
Und hoch bis zum Dachfirst die Zugtiere fliegen
Voran dem Schlitten, wo die Spielzeuge liegen.
Und ferner vom Dach her kann ich noch hören
Das Scharren der Hufe, zu leis‘, um zu stören.
Ich wandte mich wieder dem Zimmer zu
Da sprang Nikolaus durch den Schornstein im Nu:
Gekleidet in Pelzen von Kopf bis zum Fuß,
Doch alles sehr schmutzig von Asche und Ruß;
Ein Bündel von Spielzeugen auf seinem Rücken
Ganz wie ein Hausierer mit seinen Schaustücken:
Die Augen – ein Leuchten! Und Grübchen: gewitzt,
Zwischen rosigen Wangen ’ne Kirsch-Nase sitzt;
Sein Mund lächelt drollig: ein riesiges U
Mit einem rein schneeweißen Vollbart dazu;
Den Holm einer Pfeife fest zwischen den Zähnen,
Mit Rauch ihn umwabernd gleich Engelsmähnen.
Das Antlitz so weit und der Bauch kugelrund,
Beim Lachen bebt wackelnd davon jedes Pfund:
Ein properes Kerlchen, vergnügt, wunderbar!
Ich musste selbst lächeln, als ich ihn so sah.
Es zwinkert‘ das Auge, der Kopf nickt‘ dazu,
Das nahm mir die Angst und gab mir die Ruh.
Er sagte kein Wort, begann flugs im Stillen,
Die Socken, die hingen, mit Spielzeug zu füllen;
Er hob einen Finger zur Nase, darauf
Stieg er wieder den Schornstein hinauf
Ein‘ Sprung auf den Schlitten, der Mannschaft ein Pfeifen;
Fort! – Leicht, wie die Winde ’ne Daune ergreifen;
Mein Ohr nahm noch wahr, was mein Aug‘ nicht ausmacht:
»Ein Frohes Fest allen! Und allen Gut‘ Nacht!«

Deutsch: Fabian W. Williges

Es ist nicht üblich, Namen zu übersetzen. Da aber die Namen der Rentiere so sprechend sind, habe ich eine Ausnahme gemacht. Im englischen Original wird von einem Miniaturschlitten, winzig kleinen Rentieren und einem kleinen, alten Kutscher, der an anderer Stelle auch noch ein Elf genannt wird, berichtet. Das wird heute grundsätzlich bei filmischen Adaptionen vergessen. In meiner Übertragung habe ich diese Adjektive daher ebenfalls weggelassen. Es ist also trotz der Namensgleichheit nicht der Hl. Nikolaus, der in seinem irdischen Leben Bischof war und nun als himmlische Gestalt wiederkehrt. Er scheint ein eigenständiges Fabelwesen zu sein mit einem Namen, der keine weitere Bedeutung in sich trägt.

Die Erfindung des Weihnachtsmanns durch dieses Gedicht fiel in eine Zeit, da in Neuengland noch allgemeine Uneinigkeit über die Art herrschte, wie ein Weihnachtsfest zu feiern sei, wurde Amerika doch u. a. von religiösen Eiferern unterschiedlicher Strömungen besiedelt, die sich erst eine neue gemeinsame kulturelle Identität schaffen mussten. Epiphanias, Neujahr und der erste Weihnachtsfeiertag standen in Konkurrenz zueinander. Einige puritanische Strömungen lehnten die Feier des Weihnachtsfestes grundsätzlich ab, da es zu sehr mit heidnischen Traditionen verwoben wäre. Mit dem Gedicht A Visit from St. Nicholas wurde dieser Streit zugunsten der Nacht vom 24. zum 25. Dezember entschieden. Die ersten Zeilen des Gedichts werden heute auch gerne die bekanntesten Worte der englischsprachigen amerikanischen Literaturgeschichte genannt.

In Margaret Atwoods wenig weihnachtlichem Roman A Handmaid’s Tale (Der Report der Magd) aus dem Jahre 1985, der 1990 unter dem Titel Die Geschichte der Dienerin von Volker Schlöndorff verfilmt wurde, gibt es eine Szene, in der die Protagonistin nachts zum Fenster schleicht, um herauszufinden, ob das Licht vom Mond oder von einem Scheinwerfer stammt: […] like a child, I want to see. The moon on the breast of the new-fallen snow (wie ein Kind möchte ich erkennen. Das Mondlicht im [Neu]Schnee auf der Fensterbank). Die kanadische Schriftstellerin Atwood kann davon ausgehen, dass der englischsprachige Leser diese Zeile als Bestandteil des Weihnachtsgedichtes erkennt und die Spannung eines Kindes vor der Bescherung assoziiert.

In der Weihnachtsfolge Oh, Tannerbaum der ersten Staffel der Fernsehserie ALF, die in den USA erstmalig am 22. Dezember 1986 ausgestrahlt wurde, versucht der außerirdische ALF sich die Namen der acht Rentiere zu merken, vermischt sie aber mit den Namen der vier Evangelisten. Später kommt der Nachbar der Familie Tanner Mr. Ochmonek herein und bemerkt: the stockings are hung by the chimney with care (Die Socken sind liebevoll am Kamin angebracht).

In der Doppelfolge ALF’s Special Christmas aus der zweiten Staffel (Erstausstrahlung am 14. Dezember 1987) muss sich der sonst nur der Familie Tanner bekannte ALF einem Fremden zu erkennen geben, um dessen einsamen Selbstmord aus Trauer zu verhindern. Dieser rätselt, was für ein Wesen ALF sei, und kommt schließlich darauf, dass es sich nur um Santa Claus handeln könne, indem er die Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes aus dem Gedicht rezitiert.

Das schwungvolle Weihnachtslied Must be Santa von Hal Moore und Bill Fredericks aus dem Jahre 1960 fragt mit typischen Weihnachtsmanneigenschaften nach einer scheinbar unbekannten Person. Die Antwort wird im Kehrreim gegeben: it must be Santa Claus (Es muss der Weihnachtsmann sein). Unter den unverkennbaren Merkmalen gibt es neben dem weißen Bart auch eine rote Kirschnase und den Rentierschlitten. In der Version, die Bob Dylan von diesem Lied 2009 für sein Album Christmas in the Heart eingespielt hat, kommt er beim Nennen der acht Rentiernamen zweimal scheinbar durcheinander und nimmt jeweils vier Präsidenten der USA in zeitlicher Reihenfolge mit in die Aufzählung: Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Eisenhower, Kennedy, Johnson, Nixon und beim zweiten Mal Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Carter, Reagan, Bush and Clinton.

Andrew Quilty – Ein australischer Fotograf in Afghanistan

Über eine Facebook-Gruppe, die sich für den Verbleib afghanischer Flüchtlinge in Deutschland einsetzt, stieß ich auf einen Artikel aus dem TIME Magazine. Er ist vom australischen Fotografen Andrew Quilty, der seit einigen Jahren in Afghanistan lebt und arbeitet. In dem Artikel mit ausführlicher Fotostrecke geht es um eine Familie aus der Provinz Nangarhar. Nach Kämpfen finden die Kinder einen Blindgänger. Vier Familienmitglieder starben, sieben verloren mindestens ein Bein. Auf den Bildern sehen wir, wie diese Familie versucht, wieder auf die Beine zu kommen.

20181105 TIME coverDie Fotos sind nichts für zartbesaitete Personen! Aber ich finde sie sehr gut, sehr eindringlich. Das bewegende Schicksal dieser Familie aus Afghanistan wird uns nahe gebracht. Die Gewalt und Brutalität des Krieges zeigt sich in diesen Bildern jenseits von Schlachtfeldern umso gravierender. Und dann sieht man auch diese Hoffnung, den Lebenswillen. Mit Helden wie diesen Kindern kann es dann doch eines Tages auch wieder gut werden.

Andrew Quilty hat bereits einige Preise gewonnen. Mich bewegt neben dem aktuellen Fotoessay eine Strecke von afghanischen Kindern mit ihren Skiern. Beim UNICEF-Wettbewerb Foto des Jahres 2017 erhielt Quilty dafür eine Ehrenvolle Erwähnung.

Links
http://time.com/longform/afghan-family/ – Artikel mit Bildern im TIME Magazine
https://www.andrewquilty.com/ – Der Fotograf Andrew Quilty
https://www.instagram.com/andrewquilty/ – Instagram-Konto des Fotografen
https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/foto-des-jahres/wettbewerb-2017/ehrenvolle-erwaehnungen

Das erste Benefizkonzert der Rockgeschichte

Heute vor 44 Jahren fand im Madison Square Garden in New York das erste Benefizkonzert der Rockgeschichte statt. George Harrison organisierte das Concert for Bangladesh gemeinsam mit Ravi Shankar, dessen Familie aus Bangladesh stammt. Nach dem Zyklon im Herbst 1970 und Ausbruch des Bangladesh-Krieges, der letztendlich zur Unabhängikeit des bis dahin Ost-Pakistan genannten Landes von West-Pakistan (heute: Pakistan) führte, war der Strom von Flüchtlingen in Indien auf 10 Millionen Menschen angewachsen.

Eric Clapton, Ringo Starr, Billy Preston, Leon Russell, Klaus Voormann und einige andere mehr waren auf der Bühne vereint. Außerdem trat Bob Dylan zu seinem ersten Live-Auftritt seit dem Motorradunfall 1969 wieder auf die Bühne. Fast 250.000 USD brachten die Eintrittskarten zu den zwei Konzerten zusammen, welche UNICEF für die Bangladesh-Hilfe übergeben wurden. Ein Film auf VHS und eine Dreier-LP (später Doppel-CD) brachten zusätzliche Einnahmen.

Gerade mit Blick auf die heutige Situation, speziell was den Umgang mit Flüchtlingen (hier übrigens auch auf Grund von Naturkatastrophen!) angeht, kann man sich an diesen denkwürdigen 1. August 1971 mal wieder erinnern.

Das Konzert ist mittlerweile natürlich ausschnittsweise und in Gänze (s.o.) verfügbar gemacht worden. Das Album zu kaufen, ist aber immer noch eine gute Idee. Der Erlös kommt UNICEF und der George-Harrison-Stiftung zugute.

Demetri Martin gegen den Ernst der Welt

Ich habe seit dem frühen Morgen darüber nachgedacht, worüber ich heute schreibe. Ich dachte an den thüringischen Pädagogen Friedrich Fröbel, der heute vor 175 Jahren den ersten Kindergarten gründete. Ihm ist es zu verdanken, dass das Wort Kindergarten in den internationalen Sprachgebrauch übergegangen ist.

Dann dachte ich an einen besonders pingeligen Eintrag über den Sankt-Veits-Tag, der ja eigentlich am 15. Juni ist. Vor 626 Jahren fand die Schlacht auf dem Amselfeld am Sankt-Veits-Tag statt. Das ist ein Kapitel der europäischen Geschichte, das heute wieder intensiver studiert werden sollte. Es geht um die Zugehörigkeit des Balkan, den Islam und die panslawische Idee. Wie dem auch sei, nach der gregorianischen Kalenderreform rutschte der Gedenktag auf den 28. Juni, aber das möchte ich heute mal nicht weiter ausführen.

Dafür möchte ich einen griechischstämmigen amerikanischen Komiker vorstellen. Demetri Martin ist ein mittlerweile 42-jähriger Studienabbrecher, der in New York als Stand-Up-Comedian wirkt. Dem Kinopublikum wurde Martin erst 2009 mit dem Ang-Lee-Film Taking Woodstock vorgestellt, in dem er die Hauptrolle des LGBT-Aktivisten Elliot Tiber spielt. Ich wurde vor einiger Zeit bei einem Chat auf Demetri Martin aufmerksam gemacht. Auf YouTube sind ein paar seiner Shows zu finden. Zwei, die ich gestern Abend angeschaut bzw. angehört habe, sind diese:

https://www.youtube.com/watch?v=eU3vqkPFJi8