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Vierter Advent

Komm zu uns, wir warten dein!
Himmelskönig, komm hernieder!
Schon entbrennt der Lichter Schein,
Und schon rüsten sich die Lieder.
Und die arme, dunkle Welt
Sehnt sich weinend dir entgegen –
Unser Herz, du Himmelsheld,
Wartet schon an deinen Wegen.

Gastlich wird jedwedes Haus,
Die Erkorenen zu empfangen,
In die Lande weit hinaus
Schlägt ein sehnendes Verlangen.
Du, der innerlichste Schuld
Leicht macht gleich den Flocken Schnees –
O du Bringer aller Huld,
Du Bezwinger allen Wehes!

Du, den wir so heiß erfleht,
Komm, die Zeit will sich erfüllen,
Daß des Lebens König geht
Niedrig in den niedern Hüllen –
Komm, wir warten! Tausend sind
Die zu dir die Augen heben.
Wolltest, lichtes Himmelskind,
Ihrer Sehnsucht Heilung geben!

Komm, die Welt ist leidenswund,
Hat an Not so viel zu tragen.
Komm herbei, daß uns dein Mund
Wieder wolle Wahrheit sagen!
Freude, Licht und Liebesmacht
Sollen leuchtend wieder werden –
O du heilige Freudennacht,
Friede, Friede sei auf Erden!

Gustav Schüler

Dritter Advent

Der König kommt! – Wie Zauber
Muss liegen in dem Wort;
Denn das vernimmt ein Tauber,
Ein Stummer pflanzt es fort. –
Hast du denn nichts vernommen
Vom heutigen Advent
Und jenes Königs Kommen,
Der sich dein Heiland nennt?

Er fuhr auf lichter Wolke
Und kommt im heil’gen Geist
Zu allem Erdenvolke
Und seinem Volk zumeist;
Er kommt als unsersgleichen,
Der Majestät entleert,
Er kommt aus hohen Reichen,
Mit ew’gem Gut beschwert.

Wüsst’ ich, ein Erdenkönig
Hätt’ mir sein Herz geschenkt,
Es grämte mich nur wenig,
Was sonsten mich gekränkt;
Wie würd’ mein Herze wallen
In Fürstengnade groß,
Wie wäre mir gefallen
Aufs liebliche das Los!

So wurd’ ich aus dem Scherben
In meines Schöpfers Hand
Zum Königsfreund und Erben
Erkieset und erkannt;
Mag alles sich erbosen,
Von Wut und Hass erhitzt,
Ich hab’ zum Freund den Großen,
Der auf dem Throne sitzt.

Um alles darf ich kommen
Und beugen meine Knie,
Und was zu meinem Frommen,
Verweigert er mir nie;
Bei ihm trotz Fehl’ und Falles
Bleib’ ich in Gnaden stehn,
Durch ihn vermag ich alles,
Sei’s Tiefen oder Höh’n.

Nur eins kann ich mit nichten:
Dem König, hehr und hold,
Ein solches Ruhmlied dichten,
Wie ich es möcht’ und wollt’;
Dafür mein Auge Zähren
Und Dankbarkeiten streut
Dem Königeder Ehren
Bei seinem Einzug heut.

Johannes Dose

Zweiter Advent

Ins frühe Dunkel sinken nun die Tage,
die toten Städte fallen in die Nacht,
und Kinder siehst du an den Trümmern kauern,
und kranke Tiere an geborstnen Mauern,
und niemand noch hat ihnen Brot gebracht.

Und doch siehst manchmal du ein Licht erstrahlen,
ganz weit, wie aus zersprungnem Kirchentor,
und ferne Orgeln hörst wie Sturm du dröhnen,
und Gläubige, die aus der Tiefe stöhnen,
und dann erstirbt’s wie ein verschollner Chor.

Und manchmal siehst du auf verschneiten Feldern
der Engel Silberfüße vor dir gehn,
und siehst ein Licht vor ihren weißen Flügeln,
und siehst es löschen hinter dunklen Hügeln,
und ist doch immer, immer noch zu sehn.

Dann stehst du still, im Herzen tief erschrocken,
wie du als Kind erschrakst beim Sakrament,
und aus dem Dunkel deiner Erdenzeiten
fühlst kindlich du dich deine Hände breiten
nach Licht und Stern und heiligem Advent.

Ernst Wiechert

Erster Advent

Dein König kommt in niedern Hüllen,
Ihn trägt der lastbar’n Es’lin Füllen,
Empfang ihn froh, Jerusalem!
Trag ihm entgegen Friedenspalmen,
Bestreu‘ den Pfad mit grünen Halmen!
So ist’s dem Herren angenehm.

O mächt’ger Herrscher ohne Heere,
Gewalt’ger Kämpfer ohne Speere,
O Friedensfürst von großer Macht!
Es wollen dir der Erde Herren
Den Weg zu deinem Throne sperren,
Doch du gewinnst ihn ohne Schlacht.

Dein Reich ist nicht von dieser Erden,
Doch aller Erde Reiche werden
Dem, was du gründest, unterthan.
Bewaffnet mit des Glaubens Worten,
Zieht deine Schar nach den vier Orten
Der Welt hinaus und macht dir Bahn.

Und wo du kommest hergezogen,
Da ebnen sich des Meeres Wogen,
Es schweigt der Sturm, von dir bedroht.
Du kömmst, auf den empörten Triften
Des Lebens neuen Bund zu stiften
Und schlägst in Fessel Sünd‘ und Tod.

O Herr von großer Huld und Treue,
O komme du auch jetzt aufs neue
Zu uns, die wir sind schwer verstört.
Not ist es, daß du selbst hienieden
Kommst, zu erneuen deinen Frieden,
Dagegen sich die Welt empört.

O laß dein Licht auf Erden siegen,
Die Macht der Finsternis erliegen,
Und lösch‘ der Zwietracht Glimmen aus;
Daß wir, die Völker und die Thronen,
Vereint als Brüder wieder wohnen
In deines großen Vaters Haus!

Friedrich Rückert